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das kulturelle überformat
Nr. 20 / 5. Dezember 2008
#Kolumne von Markus Schneider, Berlin
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gedankengang
Kolumne von Markus Schneider, Berlin

und von der Demütigung des tendenziell freien Willens von Partnern, Kindern und Mitmenschen ablenken – in einem christlich-kapitalistischen Land ist das in die Psychopathologie des nationalen Unbewussten eingebaut und normkonform. Wobei natürlich die Verdinglichung des Tiers auch zu schönen urbanen Legenden führt wie der altgedienten von der Alligatorencommunity in der New Yorker Kanalisation, wohin sie als ausgemusterte Haustiere aus den Klos ihrer Besitzer gespült wurden und vielleicht unbeschwert neben den so genannten Mole People leben, den Aussortierten und sozial ganz Freigesetzten, die in den toten U-Bahn-Strecken wohnen.

Im Gibbon Rehabilitation Center wiederum werden Tiere, die von der Existenz als Haustier unterschiedlich traumatisiert sind, fit für den amtlichen Affenalltag im Urwald gemacht, was oft genug heisst, dass sie erstmal Cold-Turkey-mässig auf Entzug gehen. Auch dies erinnert übrigens an die SF-Noir Lethems, in der es anthropomorphe Tiere gibt, die trinken, prügeln und niedere Arbeiten verrichten.

Die wunderbaren Gibbons, für die mich meine Eltern einst durch die Zoos der Republik fahren mussten, werden offenbar gerne als Barattraktion eingesetzt, wo sich die Leute einen Spass daraus machen, sie mit Zigaretten und Schnaps in die Sucht zu treiben. Allerdings kauft man sie scheint´s auch oft für Kinder. Eines der so zum Biospielzeug Verdammten hatte versehentlich ein Mädchen gebissen. Worauf der Vater das Tier so quälte, dass eine Hand und ein Fuss amputiert werden mussten. Nun lebt das immer noch zutrauliche Tier nicht resozialisierbar im Center. Die Einrichtung, eine von mehreren, die sich in Thailand der Auswilderung domestizierter Wildtiere widmen, lebt nur von Spenden und bescheidenen Merchandise-Verkäufen. Unter den Betreuern waren etliche Volontäre aus Europa, die dort coolerweise einige Wochen unentgeltlich Tiere pflegen, bevor sie weiterreisen. Ich vergesse