und breit – und verachtete gleichzeitig alle, die im Musikgeschäft Erfolg hatten. Denn wie (fast) alle überzeugten Indie-Kids der 70er und 80er Jahre war er der festen Überzeugung, dass gute Musik und Chartserfolge sich gegenseitig ausschlossen. Er verachtete Guns N’Roses nicht mehr und nicht weniger als Pearl Jam, die er des Verrates bezichtigte. Bei den Aufnahmen für eine TV-Sendung spuckte er aufs Klavier, von dem er glaubte, dass es für Axl Rose eingerichtet worden sei (es war das Klavier von Elton John). Dabei war er von all diesen Rock’n’Rollern der Erfolgreichste. Am 8. April 1994 wurde Kurt Cobain tot in seinem Haus in Seattle aufgefunden. Er hatte sich erschossen. Einige Tage vorher war er über die Mauer seiner Entzugsklinik geklettert und nach Seattle zurückgeflogen.
«Eine gelegentliche Überdosis war Ehrensache», erklärte Greg Dulli, der selber jahrelang heroinabhängig gewesen ist, der britischen Zeitschrift Uncut. «Wir waren alle von diesem Nihilismus besessen. Wir waren zornige junge Männer. Punk war im Nihilismus verwurzelt. Es hing alles mit der Langweile zusammen. Wir wollten sie aufbrechen. Lass dich verladen, mach ein Konzert, mach all deine Kumpel verrückt damit.» Interessante Perspektive. Sie besagt, dass der Musikstil, welcher Idealismus und politischen Tatendrang zurückbringen wollte, aus einer fundamentalen Weltablehnung hervorging – und zumindest im Fall von Kurt Cobain auch wieder dort hinführte.
Die musikalischen und musikgeschäftlichen Folgen vom Erfolg von Nirvana und Pearl Jam entbehren ebenfalls nicht der Ironie. Mit diesem Erfolg war die «Alternative» plötzlich zum «Establishment» geworden. Die kalifornischen Pudelrocker verschwanden mit einem Schlag aus den Programmen von MTV – dafür dudelte es von morgens bis abends nur noch «alternativ» (und Hip-Hop). Die grossen Plattenfirmen, die sich bis dahin einen Deut um punkigen Rock mit «deprimierenden» Texten gekümmert hatten, nahmen nun