Włodzimierz Nowak / © Eichborn Verlag

Anzeige
das kulturelle überformat
Nr. 27 / 15. September 2009
#Polnische Reportagenschule
  5/8
literatur
Polnische Reportagenschule

das habe ich so nicht gewusst. Da ist zum Beispiel die kunstvoll arrangierte Geschichte der tschechischen Schuhmacherdynastie Bata, oder die Reportage über Goebbels tschechische Geliebte Lída Baarová, die einem nicht aus dem Kopf gehen wollen.

Dem angespannten Verhältnis zu den deutschen Nachbarn widmet sich die Reportagenreihe «Die Nacht in Wildenhagen» des 1958 geborenen Włodzimierz Nowak. In Polen wurde ihm für die 12 Reportagen grosses Lob zuteil. «Ich lese dieses Buch und denke – wie gut sie zuhören können. Gut zuhören heisst, sich selbst zu vergessen, seine Aufmerksamkeit, Geduld und das ganze Talent in Richtung des Anderen zu lenken», schreibt Małgorzata Szejnert, langjährige Leiterin der Reportageabteilung. Dem Schicksalssammler Nowak gelingt es, in seinen Reportagen über den Zweiten Weltkrieg das Minenfeld der deutsch-polnischen Beziehungen zu umgehen und – was in Polen bis heute nicht selbstverständlich ist – den Wehrmachtsoldaten, der im Warschauer Aufstand Tod und Terror erlebt, als fühlenden Menschen darzustellen.

Auch aktuelle gesellschaftliche Themen greifen die Reporter auf, was mitunter zu politischen Erdbeben führt: 2002 schockierten die Journalisten Marcin Stelmasiak und Tomasz Patora (beide Jahrgang 1973) mit ihrer Reportage «Die Hautjäger von Łódź» die polnische Öffentlichkeit, und auch im Ausland sorgte die Geschichte für Aufsehen. Angestellte des Notfalldienstes hatten an Bestattungsunternehmen Hinweise auf eingetretene Todesfälle gegen hohe Prämien verkauft. Die Spirale des makaberen