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das kulturelle überformat
Nr. 17 / 5. September 2008
#Kolumne von Hanspeter Künzler, London
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gedankangang
Kolumne von Hanspeter Künzler, London

einen Plattenladen betreten hingegen – wie schon ausgeführt – sehr wohl. Was uns zum einführenden Zitat zurückbringt: «Never look back. It’s lost energy». Gerade höre ich die CD, auf deren Umschlag diese Worte stehen. Singt da ein gewisser Gene Howard wirklich gerade die Worte: «she’s a real sad tomato, she’s a busted valentine»? Wie dem auch sei. Irgendwie verschlug es mich an dem Abend bei Fopp in die Jazz-Ecke. Ich muss schon ganz schön desorientiert gewesen sein. Denn Jazz ist für mich generell bloss im düsteren Pub und «live» geniessbar. Nun stand da aber ein ganzes Sortiment von Doppel-CDs aus einer Serie genannt «Classic Jazz Archive», verlegt in der bestbekannten Jazz-Metropole Pforzheim, Deutschland, und mit einem – so hiess es auf dem Sticker – 20seitigen Begleitheft versehen.

Ich weiss genau, warum ich aus dem Massenangebot die Ausgabe von Stan Kenton ausgewählt habe. Einmal, noch im Rämibühl, hatte Musiklehrer Armin Schibler auf dem Weg von Strawinsky zu Curved Air kurz Big Band-Jazz gestreift und Stan Kenton aufgelegt. Über Armin Schibler steht in der 1978 revidierten Ausgabe vom «New Penguin Dictionary of Music» folgendes: «Schibler, Armin (b. 1920), Swiss composer of operas «The Spanish Rose-Tree» and «Feet in the Fire», symphonic variations, fantasy for viola and small orchestra, a Psalter for home use, etc. Pupil of W. Burkhard and others.» Dies zur Information nebenbei. Jedenfalls sind mir jene fünf Minuten Kenton immer irgendwie im Kopf hängen geblieben. Wohl aus reinen Coolheitsgründen habe ich dann doch nie eine Kenton-Platte gekauft oder gar geklaut. Dies, obwohl ein rühriger Fanatiker in einem anderen Pub von Kilburn zwei Jahre lang jeden Sonntag Big Bands buchte, die keine Extra-Einladung brauchten: quasi einen Gratis-Übungsraum zu finden, wo auch noch das Bier kostenfrei ausgeschenkt wurde (die Gage!), war für diese Halb-Amateure ein grosser Glücksfall. Einmal an einem solchen Big Band-Abend sass sogar der Bassist der High Llamas an der Kasse. Es stellte sich heraus, dass die Flamme seines Herzens in