inspirierend, wie die Hip-Hop-DJs ohne Rücksicht auf Verluste die unterschiedlichsten Texturen, Stimmungen und Rhythmen aufeinanderknallen liessen. Ich hatte sogar den Eindruck, dass ein Vinyl-Experte wie Afrika Bambaataa mehr von Musik verstand als ein regulärer Instrumentalist, der sein Handwerk an einer Gitarre oder einem Keyboard erlernt hatte.
Die Erkenntnis, dass Turntablists legitime Musiker sind, hat sich noch immer nicht durchgesetzt. Die Debatte Musik versus Technologie geht bis heute weiter.
Ich begegne immer noch Musikern, die aus Prinzip nicht zu Schlagzeugmaschinen oder Loops spielen. Aber das sind oft ältere Musiker – oder auch nur Leute, die eh kein Tempo halten können. Grosse Virtuosen wie der indische Tabla-Meister Zakir Hussain haben keine Berührungsängste mit der Technologie. Im Gegenteil: Zakir macht sich sogar einen Spass daraus, zu Loops zu spielen.
Chris Blackwell hat sich schon 1997 von Island verabschiedet, seither verstauben viele Ihrer wichtigsten Alben beim Mutterkonzern Universal. Ist das nicht frustrierend?
Durch die aktuelle Krise wird es für Musiker immer einfacher, an ihre Masterbänder
heranzukommen. Die Konzerne wissen ja nicht, was sie damit anfangen sollen, und wollen nicht einmal viel Geld dafür. Sie sind sogar froh, wenn man ihnen das Material abnimmt, bevor sie selber in die Insolvenz gehen.
Sie scheinen der Krise in der Musikbranche gelassen entgegen zu sehen. Dabei bekommen Sie weniger Remix- und Produktionsaufträge, mit denen Sie Ihre eigenen Projekte quersubventionieren können.
Ich muss zugeben, dass die Krise mich härter getroffen hat, als ich erwartet hatte. Als Ausgleich mache ich heute mehr Werbespots und Film-Soundtracks und gehe wieder öfter auf Tournee. Man muss eben innovativ sein, um heute als Musiker über die Runden kommen. Man muss bessere Ideen mitbringen, schlankere Netzwerke schmieden und zum Vorneherein wissen, was bei einem Projekt herauskommen soll. In den Tag hineinwerkeln liegt nicht mehr drin, man muss sich als Teil einer fortlaufenden Geschichte verstehen. Die Krise bringt aber auch Chancen mit sich, darum ist jetzt eine besonders gute Zeit für Musik. Die grossen Plattenfirmen schmeissen nicht mehr mit Geld um sich, so werden auch träge Szenen wie Jazz, Country und Reggae gezwungen sein, sich endlich wieder weiter zu entwickeln.