dem Teller und dem Radio. Die stärkeren Buben in meiner Klasse sagten: der Radio, das Teller und der Barometer. Einst war ein Barometer Luxus der Privatgelehrten, die Opas traten nach dem Tefau-Wetterbericht gern mit Argwohn im Blick vor ihr Privatbarometer im Mahagoni-Kästchen und prüften nach. Und das zu einer Zeit, als man der Hohen Warte, der österreichischen Zentralanstalt für Meteorologie, noch glaubte.
Heute ist die Hohe Warte viel verlässlicher geworden, aber niemand glaubt mehr den Wetterbericht und niemand tritt mehr ans alte Barometer, das einem der Opa vermacht hat. Schade, denn eigentlich ist so ein Barometer eine schöne Sache. Es geht auf Galileis Forschungen zurück, der in den Florentiner Gärten die Bewässerungsanlagen modernisierte und dabei den Luftdruck entdeckte. Das Barometer misst den Luftdruck, ist aber schwer deutbar. Bei den Opas stand noch «schön» bei hohem, «schlecht» bei niedrigem Luftdruck und «wechselhaft» in der Mitte. Heute weiss man, dass sich auch Unwetter durch hohen Luftdruck ankündigen kann, dem Blick aufs Baromter haftet also etwas Orakelhaftes an.
Jüngst ersehnte ich im Stadtpark den Frühling, wandte mich von Kindern und Enten ab und trat ans Barometer. Es wies ganz leicht in den positiven Bereich. Da kam eine alte Dame vorbei und sagte in scharfem Ton: «Glauben S‘ das nicht! Man wird überall belogen.»
Ich nickte, denn dieser Satz stimmt natürlich mehr als jede Prophezeihung der Hohen Warte.
Trotzdem kann man nicht sein ganzes Leben danach richten.
Ernst Molden
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