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Nachrichten aus der grossen Geisterstadt Wien (17)
Wetter und Wonnemonat
Im Wiener Stadtpark, den ich so hochfrequent benütze, dass ich ihn hie und da als meinen Garten bezeichne, gibt es verschiedene Dinge, die zwar von Reiz aber ohne Sinn sind. Etwa alle Komponistenstatuen ausser der des Schani Strauss, weil sie nämlich von niemandem besucht werden, etwa der tragische, dicke Schubert. Letzterem hat vor ein paar Jahren einmal wer so ein winziges Clownhütchen aufgesetzt, und damit war Schubert derart tragisch, dass man fast weinen musste.
Eine weitere schöne Sinnlosigkeit ist das Wetterhäuschen nah beim Parkring, formal eher ein kleiner Turm. Ein Geländer aus Säulchen umgibt es. Ich steige die drei Stufen gern empor, wenn die Kinder nicht von den öden Enten am Teich wegwollen. Jetzt, im Mai, öfter als sonst.
Was macht der Mai, wettermässig? Schon das Wort Wonnemonat zeigt die Gefahr. Denn Wonne ist zwar ein bejahenswertes, aber doch auch leicht doofes Gefühl, anders als die Freude braucht sie keinen Anlass, anders als das Glück erreicht sie selten die Tiefen der Seele, sondern beschränkt sich auf die Physis, wie bei Winnie the Pooh, der seinen dicken Kopf in den Honigvorrat des hohlen Baumes pfercht und einfach geniesst.
So ist Wonne, und für ihre grenzenlose Auslebung haben wir einen Monat bestimmt. Diesem Mai wird gern Omnipotenz zugebilligt, der ins Volkslied gefasste Aufruf «Komm lieber Mai und mache...»
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und
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von
Ernst
Molden