Man hat dieses Jahr offenbar Leute wegen versuchten Mordes verhaftet. Was ich ganz o.k. finde. Den Ursprung haben die Ausschreitungen schliesslich in den Zeiten der Hausbesetzungen und brutalen Räumungen, von Leerstand und übler, ungehinderter Spekulation – also echter, lokal wirksamer, kapitalistischer Provokation und Herrschaftsarroganz. Zur Zeit dagegen sind die doch alle extrem kleinlaut. Es sitzt die halbe Berliner Clubstruktur auf kompromissgedankten Zwischennutzungsverträgen, man gewinnt Bürgerbegehren gegen – ohnehin eher harmlose, und lebensqualitätshalber nicht nur böse, jedenfalls normale – Gentrifikationsumtriebe und die Polizei setzt seit ewig auf Deeskalation.
Umgekehrt schicken Kreuzberger, die es sich leisten können, ihre Kinder auf Privatschulen zu schicken, sich an sie in anderen Bezirken anzumelden. Oder ziehen eben weg, weil der Migrantenanteil in den Schulen so hoch ist, dass es aufs Sprachvermögen der Kinder schlägt. Lokalkram, sich Gedanken zu machen, wie man die sprachliche Integration fördern könnte und Muttersprachler im Bezirk halten, oder wie man mit Kopftuchquatsch und anderem religiös bedingtem Blödsinn umgeht, ist natürlich zu langweilig für Leute, denen es ums globale Ganze geht.
Natürlich gibt es gute Gründe, den herrschenden Klassen immer mal zu zeigen, dass es weiter unten noch Leben gibt. Aber durch Kreuzberg zu randalieren zeigt allerhöchstens vollkommene, resignierte Rat- und Hilflosigkeit. Man hat es dabei auch nicht mehr mit ideologisch gefestigten Figuren zu tun, mit denen irgendein theoretischer, sozialpolitischer Diskurs stiftbar wäre. Die Organisatorin des Myfests, Silke Fischer, jedenfalls hat jetzt frustriert das Handtuch geworfen.