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das kulturelle überformat
Nr. 5 / 31. Mai 2007
#Kolumne von Hanspeter Künzler
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gedankengang
Kolumne von Hanspeter Künzler

Tag Stunden im Zug zu verbringen. So kommt es, dass man sich sogar bei einem effizienten Rotationssystem (Woche 1: Dienstag Fredy, Donnerstag Alice; Woche 2: Dienstag Rob, Donnerstag Trudy – bis man in Woche 11 wieder bei Fredy und Alice angelangt ist) immer seltener begegnet.

Es sei denn, man gehöre metaphorisch oder wörtlich gesehen zu einem Klub. Das können die Londoner hervorragend – Klubs organisieren. So wimmelt es in Westminster von superteuren Privatklubs – ausschliesslich für Männer, wohin Parlamentarier und hohe Armeetiere sich zurückziehen, um mit anderen Parlamentariern, Armeetieren und sonstigen Mitgliedern der Upper Class Cognac zu schlürfen und die Zukunft des Landes zu diskutieren (die meisten Klubs haben auch noch ein paar «Hotelzimmer», in denen reiche Absturzpiloten übernachten können, wenn es nicht mehr geht).

Soho andererseits ist gespickt mit Klubs wie Soho House 21, Groucho’s und Hospital, wo sich coole Popstars, Medientypen und Künstler exotische Nüsschen in den Schlund werfen, sowie China White, wo neureiche Fussballer und Boybands den teuren Blondinen zulächeln. Der Name des Chelsea Arts Club ist selbstredend. Dazu all die British Legion Clubs, wo Ex-Soldaten subventioniertes Bier geniessen, oder gar die Royal Societies – königlich unterstützte Vereinigungen von Philatelisten, Architekten, Geographen etc. – und die Gewerkschaftsklubs. Ja, auch all die vielen Jugendkulte mit ihren Szenenlokalen gehören in diese Sparte. Allen ist ihnen (auch im übertragenen Sinne) gemeinsam, dass man seinen satten Mitgliederbeitrag erst bezahlen darf, wenn zwei gestandene Mitglieder für einen gebürgt haben. Das sorgt dafür, dass nur Leute dort verkehren, die sich im Prinzip einig sind. Klubs, geschaffen dafür, dass sich die Reise lohnt – dass man sicher gehen kann, seinen Feierabend unter Gleichgesinnten verbringen zu dürfen.