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das kulturelle überformat
Nr. 5 / 31. Mai 2007
#Kolumne von Hanspeter Künzler
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gedankengang
Kolumne von Hanspeter Künzler

Verhaltensregel lässt ausser acht, dass einer, dem der Überraschungsbesuch ungelegen kommt, im Prinzip ja die Freiheit hätte, dem Besucher zu erklären, dass er jetzt keine Zeit hat. Aber das würde leider als noch unhöflicher gelten als das ungebetene Klingeln! Also, eine spontane Besuchskultur kennen die Briten nicht. Bei Freunden am anderen Stadtende ist das noch nicht so wichtig: kaum ein Verzweifelter fährt einfach so zwei Stunden U-Bahn, um vor einem verlassenen Wigwam zu landen. Auf Quartierebene hat dies aber grössere Konsequenzen. Es bedeutet, dass alles Tage zuvor abgemacht werden muss. Wenn nicht, kann man das Social Life gleich vergessen. Ausser man begibt sich regelmässig an einen Ort, an dem man damit rechnen kann, auf Gleichgesinnte zu stossen. Im Pub zum Beispiel. Im Privatklub, im Sportverein, im Nähkurs, an Comedy-Abenden etc.

Zurück zu den Distanzen. Sie sorgen dafür, dass viele Londoner Freundschaften kurzlebig sind. Ich habe zwei Jahre lang in einer Schule gearbeitet, drei Jahre studiert und danach in diversen Plattenfirmen immer wieder vergnügliche neue Freundeszirkel aufgebaut. Aber so bald sich der Focus verschob – man sass nicht mehr täglich im Lehrerzimmer oder in der Uni-Bar, die Plattenfirma zog um oder schickte die halbe Belegschaft zum Sparen in die Wüste – verloren sich diese. Nicht, weil man das so gewollt hätte. Sondern weil man erst dann realisierte, wie weit voneinander entfernt man wohnt. Der Arbeitsort, der Studienplatz, die Kaffeemaschine der Plattenfirmen hatten Verbindungen geschafft. Als diese verbindenden Orte wegfielen, musste man auf einmal eine ein- bis zweistündige Fahrt in Kauf nehmen, um sich wieder zu sehen. Denn es ist wie ein Naturgesetz: die Leute, mit denen man am Arbeitsort auskommt, wohnen nie im selben Quartier. Nach einiger Zeit hat man eine ganze Reihe von solchen lieben Distanzfreundschaften angesammelt. Nun will man einerseits den Kontakt nicht verlieren (E-Mail und SMS sind da bloss ein spurenhafter Ersatz), andererseits hat man auch keine Lust, jeden