dass sie eine so mahnende Ruine geblieben wäre wie die Gedächtniskirche. Und wegen Kleinkram wie unseren periodisch gebrochenen Herzen hat sich auch noch keine Himmelsmacht offenbart, so dass man sich im Falle doch lieber dem Barkeeper als dem Pfarrer zuwendet und dem Tresen statt dem Altar.
Wer Kummer hat, so bekanntlich der Volksmund, hat auch Likör, und Berlin hat dankenswerterweise noch immer keine Sperrstunde. Übrigens haben sich die Nichtraucher tatsächlich erstmal als unfähig erwiesen, ein Nachtleben auf die Reihe zu bekommen. Immer mehr Bars entmotten – die warmduschenden Berliner Gesetzgeber überlassen ja das Gesetz bis Sommer erstmal dem Gutdünken der Wirte – die Aschenbecher wieder, weil in den gehorsamen Kneipen einerseits der Umsatz und andererseits die Stimmung ziemlich gesunken ist. Das finde ich extrem peinlich. Erst jahrelang rumheulen, dass man nirgends hin könne, weil der Rauch so ätze und dann, wenn man endlich ein eigenes Gesetz erjammert hat, zu uncool zum amtlichen Ausgehen zu sein.
Und so kann man sich also in Krisenzeiten – bei Liebesqual, zu Ostern oder im allgemeinen Überdruss – beim Bewältigen wieder ordentlich räuchern lassen. Andererseits steht der Frühling an, und bald kann man sich wie jedes Jahr daran freuen, wie sich Natur und also auch die jungen Leute neu erfinden und vielleicht ein bisschen mittun. Nicht vielen gelingt das naturgemäss so ausgiebig und dauerhaft wie der Schweizer Fotografin Manon, die im Helmhaus Zürich eine tolle Ausstellung hat und deren Motiv seit den mittleren siebziger Jahren immer und nahezu ausschliesslich sie selbst ist in allen möglichen alltäglichen und speziellen Identitäten und Inszenierungen – eine Art Schweizer Cindy Sherman.
Die meisten Leute sind ja andererseits spätestens mit Eintritt der Berufsreife nur noch sie selbst und darauf auch noch so stolz wie Rockkritiker, die das den Rolling Stones immer wieder attestieren.