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das kulturelle überformat
Nr. 3 / 27. März 2007
#Kolumne von Hanspeter Künzler, London
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gedankengang
Kolumne von Hanspeter Künzler, London

den nahen Shepperton Studios gedreht. Dabei soll ein kleiner Schwarm von Sittichen entflohen sein, der nie mehr eingefangen wurde. Bei einer anderen Theorie spielt Jimi Hendrix die erste Geige: als Friedensgeste soll er einmal ein Sittichpaar in der Carnaby Street fliegen lassen haben. Schon prosaischer ist die These, dass einfach ein paar entflogene Tiere zusammenfanden und eine glückliche Familie starteten. Unterdessen sollen bereits 30’000 in Westlondon herumschwirren. Die eigentlich in Indien und Afrika beheimateteten Vögel sind nicht nur gegen alle Wetter gefeit, sondern mit ihren vierzig Zentimetern Länge auch grösser und stärker als die meisten anderen Vögel im Süden von England. Im Bushy Park habe die Bevölkerung allein letztes Jahr um 30 Prozent zugenommen. Dabei sollen die Einwanderer unweigerlicherweise den angestammten Eichelhähern, Spechten und Finken das Futter wegfressen.

Diverse subtile Tricks zum Eindämmen der Bevölkerung – das Aufstechen von Eiern wie bei den Kanada-Gänsen, die Verbreitung eines artenspezifischen Krankheitsvirus, das Verteilen von Anti-Baby-Pillen wie in gewissen Städten bei den Tauben – kommen hier offenbar nicht in Frage. Jetzt wird ernstlich erwägt, ob man den Vögeln nicht mit dem Gewehr zuleibe rücken könne. Eine solche Jagd müsste allerdings heimlich inszeniert werden. Ballereien mit anschliessenden grünen Federwolken, die sich sachte vom Himmel senken, kämen nicht gut an bei den vielen Müttern, die in den relevanten Pärken ihre eh schon schreienden Babies spazierenfahren. In der Tat hat auch schon eine Aktionsgruppe zur Unterstützung der britischen Papageienbevölkerung Protest angemeldet «Es wäre grausam, diese wunderbaren Kreaturen zu erschiessen oder zu vergiften», erklärte Gary Wilcox, der Begründer der Birdline UK Parrot Rescue*, dem Evening Standard. «Diese Vögel leben seit vierzig Jahren hier. Sie haben ein Recht darauf, sich hier daheim zu fühlen wie jede andere Spezies.»