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das kulturelle überformat
Nr. 11 / 5. Februar 2008
#Kolumne von Hanspeter Künzler, London
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gedankengang
Kolumne von Hanspeter Künzler, London

Provinz hält, verplemperte man die ersten beiden Vorbereitungsjahre damit, allüberall herumzuerzählen, endlich sei diese Wahl auf die richtige Stadt gefallen, denn Liverpool sei in der Tat das kreative Zentrum der Welt. Hernach stellte man eine künstlerische Leiterin ein, der man im Sommer 2006 wieder kündigte. Es wurde der Australierin vorgeworfen, die meiste Zeit in ihrer Heimat zugebracht zu haben, statt mit den Stadtregenten Pläne zu besprechen. Sie hingegen erklärte, sie sei der Meinung gewesen, zum Organisieren eines internationalen Art-Programms engagiert worden zu sein, habe aber merken müssen, dass eine Community-Fete verlangt sei.

Die Behörden – ihre permanenten Zänkereien sind im ganzen Land und besonders in Manchester Gegenstand ebenso permanenten Gespöttes – stellten schliesslich ein Gremium zusammen, das aus allerhand kulturellen Lokalmatadoren bestand. Es verpflichtete Ringo Starr und den ganz und gar nicht aus Liverpool stammenden Ex-Eurythmics Dave Stewart als Ehrengäste für die Eröffnungsfeier. Zuvor wurde zur Pressekonferenz geladen. Mangels Wegweiser verirrte sich yours truly im Gebäude und kam schliesslich via Kabelkammer und Bühne im Saal an. Er sei seit Jahren nie mehr in Liverpool gewesen, sagte Ringo in seiner knorrigen Art, er erkenne die Stadt nicht wieder. Klar freue es ihn, bei dieser Veranstaltung dabei sein zu dürfen. Aber man dürfe nicht vergessen, dass er gerade ein neues Album veröffentlicht habe, das Lied, das er heute Abend spiele, sei die erste Single-Auskoppelung! Dann die Eröffnungsfeier, gratis, Open Air, fürs ganze Volk. «Liverpool – das Zentrum des kreativen Universums» verkündete ein Baumeister, der auf einem Container stehend von einem Kran über die Köpfe des Volkes getragen wurde. Liverpool war begeistert. Das Motto der Eröffnungsfeier – eben: Bauerei – kommt nicht von ungefähr. Überall schiessen Hotels, Konzertlokale und Kulturzentren aus dem Boden, werden Museen und Restaurants vergrössert. Wann das alles fertig werde, möchte man wissen, und bekommt immer die gleiche Antwort: «März, vielleicht April». Das Resultat schlauer