Dann Bradford-upon-Avon. Ein putziges Dorf in der ebenso grünen Grafschaft Wiltshire, lauter antike Reihenhäuschen und Renommierbauten, deren kollektiver Anblick ans Gebiss eines Clochards gemahnt. Ein Spaziergang zeigt bald, dass es Bradford-upon-Avon trotz idyllischen Umständen nicht gut geht. Wirklich herausgeputzt wirkt nur der katholische Souvenirshop. Wobei auch die Hälfte der Kirche wegen Geldmangels an eine Bank vermietet ist. Das Zentrum entlang dem River Avon wird von gewaltigen Lagerhäusern und Fabrikhallen dominiert – die meisten kaputt und vollgesprayt. Man landet im Lokalmuseum und erfährt, dass ausgerechnet hier, im tiefsten Grün, vor hundert Jahren die Gummi-Industrie florierte. Wir können unser Wissen leider nicht vertiefen, weil die greise Museumshüterin einen Wasserfall von Worten über uns herabprasseln lässt, so dass wir enerviert das Weite suchen. Ich brauche ein WC und begebe mich in die öffentliche Bibliothek – man muss den WC-Schlüssel am Schalter abholen; offenbar gab es Probleme mit der lokalen Junkie-Bevölkerung.

Im Zentrum von Liverpool die genau gleichen Shops wie in Taunton, nur halt grösser. Immerhin merkt man sofort, dass man sich in Liverpool befindet. Das hat mit dem lokalen Akzent zu tun. Bei einem Londoner heisst Mord «mörder», ein Liverpudlian sagt «märdä». In London ist Fussball «football», in Liverpool «footie». Ein Londoner geht – vielleicht – in die «tschörtsch», ein Liverpooler höchstens in die «tschärtsch». Dazu steigen sie alle, Damen wie Herren, beim geringsten Hauch von Freude, Aufregung, Hässigkeit, Hunger oder Durst eine Oktave höher. So wird das Klangbild bestimmt von einem konstanten Fiepen und Zwitschern, untermalt von einer pausenlosen Berieselung durch Beatles-Songs.

Ich weile in Liverpool, um der Eröffnungsfete für das Jahr als «European Capital of Culture» beizuwohnen. Fünf Jahre ist es her, seit Liverpool von der EU mit dieser Ehre bedacht wurde. Ganz zum Vergnügen des benachbarten Manchester, das Liverpool für tiefste