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das kulturelle überformat
Nr. 11 / 5. Februar 2008
#Kolumne von Markus Schneider, Berlin
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gedankengang
Kolumne von Markus Schneider, Berlin

Wobei ich vielleicht mal sagen sollte, dass ich das Theater über das Rauchverbot seitens der sich diskriminiert fühlenden Raucher auch blöd finde. Es sieht cool aus und dient dem Zwischenmenschlichen, aber morgens stinkt es und es macht krank und süchtig und böse Konzerne reich. Zwar wären ein Grund zum Rauchen allein die trotzig-forschen Blicke der Mütter in meinem Frühstückscafé, die sich jetzt endlich auch mal ins Café trauen und streitlustig um sich schauen, ob womöglich ein gedemütigter Raucher sich über ihren kreischenden Nachwuchs ärgert. Und natürlich ist man autoritätsskeptisch genug, um über das Verbot sofort wieder zum Kettenraucher zu werden. Aus Prinzip.

Aber etwas aus Prinzip zu tun ist natürlich selbst schon wenig schlau. Das wirklich Ärgerliche und der Grund, warum sich militante Nichtraucher jetzt nicht so freuen sollten, ist aber die Heuchelei der Politik. Würde man die Gesundheitsrhetorik ernst nehmen, müsste man doch die Zigarette verbieten und nicht das Rauchen in Bars, deren Besuch man sich schliesslich aussuchen kann. Stattdessen verdient der Staat unverdrossen an Droge und Sucht.

Die diesjährige «Transmediale» stand übrigens im Zeichen von Verschwörung und unübersichtlichen Wirklichkeiten. Im begleitenden Musikprogramm gab es neben altgedienten Elektronikern wie Pierre Henry, dem Erfinder der musique concrète, und den Housepionieren Detroit Grand Pubas die sehr unfassliche Ebony Bones aus London, die nicht weiter vom Britpop entfernt sein konnte. Sondern mit einer schwer durchgeknallten, konzentrierten Band einen vollkommen wahnsinnigen, rasenden Mix aus Funk und Punk und Metal und Jazz spielte, in lächerlichen Kostümen, mit dicken Styroporsklavenketten um den Hals, mit Perücken und grossen, wilden Gesten. Mit ihrem tollsten Hit bitten wir die ganzen verbiesterten Nasen dieses biestigen Jänners darum, sich mal locker zu machen. Er heißt «Don’t fart on my heart».

Markus Schneider