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das kulturelle überformat
Nr. 9 / 6. November 2007
#Jazzrock
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dossier: Soft Machine
Jazzrock

Er gehört zu den prägenden Momenten meiner Jugend. Ich stand im «Musik Hug» am Zürcher Limmatquai und durchforstete die «Aktionen». Zwei – wie es am Stammtisch geheissen hätte – «ganz normale Typen» mit vernünftig gescheiteltem Haar und womöglich einer Krawatte fingen neben mir an, die neuesten Musiknoten durchzublättern. Sie stiessen auf Pink Floyd. «Pfft!» sagte der eine, nachdem er das Heft auf zwei, drei verschiedenen Seiten aufgeschlagen hatte: «Das ist ja alles läppisch simpel!» Der andere stimmte zu: «Ja. Total enttäuschend.» sagte er.

In dem Moment wusste ich, dass Pink Floyd im Recht waren, und dass mir all die anderen Gymnasiasten mit ihren Alben vom Mahavishnu Orchestra und von Stomu Yamash’ta gestohlen bleiben konnten. Dieser instinktive Entschluss versetzte mich mit einem Schlag in die Opposition praktisch zum ganzen Schulhaus. Denn dort galt Jazz-Rock und Prog-Rock gemeinhin als das A und O moderner Musik. Natürlich hörte niemand «richtigen» Jazz – das war altmodisch. Im Grunde waren sie nämlich Rockfans – Rockfans mit einem Minderwertigkeitskomplex. Um das zu verstehen muss man versuchen, sich die Schweizer Musiksituation in der ersten Hälfte der siebziger Jahre vor Augen zu halten. Radio «Beromünster» brachte gerade einmal in der Woche – so gegen Mitternacht – Rocksounds, die keine Pop-Hits waren. In Sachen Musikpresse gab es Jürg Marquards so neues wie biedermännisches «Pop», aus dem Ausland kam die «Bravo» – und «Sounds», die einzige deutschsprachige Musikzeitschrift, die man lesen konnte und der man Neuentdeckungen nicht zuletzt im Krautrockbereich zu verdanken hatte.

Am TV gab es vom September 1965 bis im Dezember 1972 den «Beat Club» und danach die eine oder andere Nachfolgesendung im gleichen Geist. Nichts aber war zu vergleichen mit New Musical Express und Melody Maker, die jeden Donnerstag und mit zwei Wochen Verspätung exklusiv in drei Exemplaren ins Regal des