Anzeige
das kulturelle überformat
Nr. 9 / 6. November 2007
#Interview mit Kevin Ayers
  6/7
dossier: Soft Machine
Interview mit Kevin Ayers

vielen anderen Leuten, aber ich hatte nie auch nur das geringste Bedürfnis, diese Leute zu treffen. Ihr Output hat mir schon gereicht. Wenn man diese Leute trifft, lernt man doch nur jemand kennen, der genauso abgefuckt ist wie man selbst.

Wie war es dann für Sie, als Sie bei den Aufnahmen für Ihre neue Platte all diese Bands getroffen haben, die ganz glänzende Augen hatten, weil sie mit Ihnen Musik machen durften? Hatten Sie zuvor schon von Teenage Fanclub, The Ladybug Transistor oder Euros Childs gehört?


Nein, ich höre mir überhaupt nicht mehr an, was in der Musik los ist. Aber ich habe gute Leute kennen gelernt, die sehr lebendig sind, einfühlsam und neugierig, und das ist alles, was zählt. Aber es ist schade, dass ihre Musik heute nicht den gleichen Stellenwert hat wie in den Sechzigern und Siebzigern, als die Musiker gewissermassen die Marschkapelle für die Truppen waren. Sie lieferten die Musik, und sie formulierten die Fragen, die die Leute sich selbst stellten: wozu brauchen wir schon wieder einen dummen Krieg? Warum sollen wir tun, was die Eltern und die Regierung uns sagen? Solche Dinge passieren wohl immer noch, aber sie machen nicht den gleichen Eindruck, weil sie jetzt schon abgedroschen wirken, während sie damals noch aussergewöhnlich waren.

Aber Sie haben in den Leuten, mit denen Sie die Platte aufgenommen haben, denselben kritischen Geist wieder erkannt?

Oh ja, man kann das immer noch daran erkennen, was sie sagen. Mein Punkt ist, dass sie nicht die gleichen Chancen kriegen wie wir damals in den Sechzigern und Siebzigern. Wenn man damals was gemacht hat, war es neu, und die Leute sahen sich aktiv danach um. Sie waren auf der Suche und bereit, sich ermutigen zu lassen. Es war das erste Mal in der Geschichte, dass die jungen Menschen sich gegen die bestimmenden Mächte auflehnten und forderten, dass sich die Dinge ändern. Heute geht es mehr darum, sich einlullen zu lassen, und alle stehen unter der Knute ihres Lebensstils, ihrer Pensionsvorsorge und ihrer Hypotheken. Man muss ihnen nur ganz diskret vermitteln, dass sie keinen Ärger machen sollen, weil sie sonst ihr Haus verlieren könnten, und schon geben sie klein bei.

Sind Sie dann nicht zornig über das Verhalten jener Leute, die Sie vorhin als «die Truppen» bezeichnet haben? Schliesslich hat diese Generation seither auch ihr Vermögen gemacht und sitzt jetzt selbstzufrieden auf ihren Pfründen.

Das stimmt, viele von ihnen wurden selbst genauso wie das System, das Establishment.