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das kulturelle überformat
Nr. 4 / 26. April 2007
#Kolumne von Hanspeter Künzler, London
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gedankengang
Kolumne von Hanspeter Künzler, London

der in seiner grappahaften Erscheinung geradezu heimelig wirkt, sozusagen wie das rettende Ufer nach einer Karambolage zwischen Pedalo und Dampfschiff. Dabei haben wir uns nur ganz sachte in diese ferne Geschmackswelt vorgetastet: Zum Beispiel haben wir unter dem Dutzend georgischer Weine den einzigen Roten ausgesucht, der nicht als «süss» beschrieben wird. Als uns der Kellner die Flasche hinstellt, müssen wir schamrot eingestehen, dass wir nicht einmal wussten, dass die Georgier auch eine eigene Schrift haben. Wenn’s kyrillisch gewesen wäre, hätten wir wenigstens das Wort Aeroflot erkannt. So geht es uns auch mit dem Essen: Nichts, was uns geschmacklich irgendwie als Wegweiser hätte dienen können, nichts auch, was wir wirklich gern verschlungen hätten. Und trotzdem beim Bezahlen das erhebende Gefühl, man sei wahrhaft über seinen Schatten gesprungen.

Hanspeter Künzler



 

 

 

 
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