Georgia on my mind

«Sie wissen», sagt der Kellner, «dass diese Speise kalt serviert wird?» Ich: «Aber hier steht doch ausdrücklich warm?» Er: «Is mistake.» Nach einigem Hin und Her – schliesslich möchte man am Tag doch einmal etwas aus der Pfanne essen – bestelle ich’s dann doch, das Chicken Satsivi. Und siehe da, es ist nicht kalt, es ist nicht heiss, es ist lauwarm!

Meine Angetraute und ich gefallen uns in der Tradition, uns an Geburtstagen gegenseitig mit Restaurants zu überraschen. Putzige Restaurants, bizarre Restaurants, exotische Restaurants oder – wenn zufällig ein schlechtes Gewissen in der Luft hängt – teure Restaurants. Und so hat es uns jetzt ins Tbilisi verschlagen, einem von zwei Aussenposten georgischer Cuisine in London, gegenüber Fettered Pleasures (Zwangsjacken, Peitschen, Keuschheitsgürtel) am untrendigen Ende von Islington. Das Konzept des Restaurants ist orginiell. Statt auf romantisch ethnisch oder wenigstens pädagogisch ethnisch zu machen, wie das sonst Usus ist unter Wirten, die vom Heimweh geplagt werden, macht Tbilisi auf modernen Grufti-Style, wohl aber unfreiwillig. Wahrscheinlich soll es elegant sein. Die Wände haben die Farbe eines französischen Weines industrieller Schwere, die verblüffend bequemen Lederstühle sind schwarz. Nur werden wir statt mit transsylvanischem Vampirsound mit Dinah Washington berieselt. An der Bar sitzen zwei drei Georgier im Stil der Ganoven bei Tim & Struppi und stürzen Schnaps hinunter. Zwei Tische sind von lauten englischen Jung-Aristokraten besetzt, die der Gewohnheit jungaristokratischer Snobs folgen, ihre Weltoffenheit zu demonstrieren, indem sie zwischen dem Champagner-Saufen in der King’s Road auch mal weltoffene Präsenz in den exotischeren Winkeln der «Slums» markieren. Ein Blick in die Speisekarte macht uns unvermittelt der Tatsache gewahr, dass wir über Georgien rein gar nichts wissen, ganz zu schweigen von der georgischen Cuisine,