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das kulturelle überformat
Nr. 4 / 26. April 2007
#Interview mit Eric Schlosser
  3/5
dossier: Fast Food Nation
Interview mit Eric Schlosser

heute ohne die grossen Firmen ist gar nicht mehr möglich, ausser man betreibt in der Wildnis eine Solaranlage und versorgt sich selbst, was die Nahrung betrifft. Im übrigen wurde mein Buch von allen grossen Verlagshäusern abgelehnt. Einer der letzten unabhängigen Verlage brachte es dann als Hardcover heraus und kurz darauf wurden die Paperbackrechte vom Verlagshaus Harper Collins gekauft, das wiederum Fox gehört und so weiter. Da kann man nichts dagegen machen. Solange die Leute das Buch lesen können, ist das ja auch in Ordnung.

Schreiben ist ja ein einsamer Prozess. Was treibt Sie an, jahrelang einer solchen Geschichte nachzugehen?


Es war in diesem Fall ja kein Buch geplant. «Rolling Stone» wollte einen Zweiteiler über Fast Food, nachdem ich diese Geschichte über Erdbeeren in Kalifornien gemacht hatte. Da ging es um illegale Einwanderung, dargestellt an einem uns allen bekannten Produkt. Erdbeeren müssen ja auch noch heute von Hand gelesen werden – es braucht also eine Menge Hände, um der Nachfrage nach Erdbeeren gerecht zu werden. Über das Thema Fast Food wollte ich zuerst gar nichts machen. Ich wollte nicht hinter die Kulissen schauen, weil ich – das war 1997 – immer wieder gerne zu McDonald’s ging. Ich mochte diesen Food. Sie müssen wissen, ich bin alles andere als ein Gourmetmensch. Dennoch begann ich mit den Recherchen und ich war

sehr schnell sehr erstaunt, in welch kurzer Zeit die Fast-Food-Industrie zu einer derartigen Macht angewachsen ist. In dieser Zeit hat diese Industrie alles verändert: die Produktion von Nahrungsmitteln, die Arbeitszustände, das Marketing, einfach alles. Und was mich am meisten erstaunte war: jeder isst es, aber keiner weiss um die Hintergründe. Wir sind Teil von etwas, über das wir absolut keine Ahnung haben.

Und aus dem Zweiteiler wurde ob der Flut von Enthüllungen ein Buch.

Genau. Es gab viele Gründe weshalb, aber ein Erlebnis, das eine Freundin von mir hatte, war die Initialzündung. Die sass einmal auf einem Flug neben einem Herrn, der etwas zuviel getrunken hatte und dann zu prahlen anfing, dass er den Geschmack für die Burger von McDonald’s herstellen würde. Die kämen gar nicht vom Fleisch oder von der Zubereitung, sondern die würden künstlich kreiert. Und ich dachte: «What the hell?» Solche Sachen werden natürlich nicht öffentlich gemacht. Es gibt gute Gründe, weshalb wir über Fast Food so wenig wissen. Um ihre Frage abschliessend zu beantworten: es gibt zwei Gründe ein Buch zu schreiben. Entweder bezahlt dir einer derart viel Geld, dass du nicht nein sagen kannst und weil dir bewusst ist, dass eine Britney-Spears-Biografie ironischerweise die Ausbildung deiner Kinder sichern würde. Oder aber es geht um ein Thema, das einem wichtig ist und das nicht