Eine Zeit ohne Tod
José Saramago

ra. Die Ausgangspunkte der Geschichten José Saramagos, des portugiesischen Nobelpreisträgers von 1998, sind stets ebenso faszinierend wie einfach. In «Stadt der Blinden» verloren die Menschen ihre Fähigkeit zu sehen, in «Die Stadt der Sehenden» gaben bei einer Wahl die Bürgerinnen und Bürger nur leere Stimmzettel ab – und jetzt, in «Eine Zeit ohne Tod» ist der Titel ebenfalls Programm: an einem ersten Januar in einem nicht näher bekannten Land sterben keine Leute. Und an den darauffolgenden auch nicht. Und so weiter. Den Tod, es gibt ihn nicht mehr. Wie immer in Saramagos stupenden Parabeln sind die Mächtigen dazu verdammt, auf das Unvorhergesehene zu reagieren. Ohne Tod hat der Staat ein demographisches Problem und die Kirche das Jenseits nicht mehr. Ohne Tod kein Leben. Ein weiteres Meisterstück des 85-Jährigen.

José Saramago. Eine Zeit ohne Tod. Rowohlt Verlag. Roman. Deutsch von Marianne Gareis. 256 Seiten, gebunden.
€ 19,90 / CHF 35,40

Errötende Mörder
Brigitte Kronauer

ra. So grossartig Brigitte Kronauer in Werken wie «Teufelsbrück» oder «Verlangen nach Musik und Gebirge» zu erzählen wusste, so schwerverdaulich waren oft ihre Werke, dass trotz der Faszination über ihre Stilsicherheit kein ungehemmtes Lesevergnügen aufkommen wollte. Wer den Zugang zu Kronauers Werk nie so recht gefunden hat, sollte sich unbedingt mit «Errötende Mörder» noch einmal auf sie einlassen. Die Geschichte handelt oberflächlich von einem Kleinunternehmer, der in der Schweiz Ferien macht und derweil drei Manuskripte eines befreundeten Schriftstellers liest. Diese drei Binnengeschichten verweben sich mit der Haupthandlung zu einer mehrdimensionalen Geschichte, die ebenso weise wie ironisch und empfindsam ist. Ein Generationen-Roman, einer übers Altern und über den Umgang mit der eigenen Vergangenheit – spannend und unterhaltsam.

Brigitte Kronauer. Errötende Mörder. Klett-Cotta Verlag. Roman. 334 Seiten, gebunden.
€ 21,50 / CHF 41,30