Die Ausnahme bestätigt die Regel
Der schnelle Erfolg ist ein zweischneidiges Schwert, lenkt er doch das Licht der Öffentlichkeit auf junge Künstler und Künstlerinnen, die nur ganz selten auf den nervenaufreibenden Rummel gefasst sind. Überhaupt ist ein Debütwerk oft nicht mehr als ein Versuchsballon, den eine Platenfirma als Experiment aufsteigen lässt. So kann es durchaus auch vorkommen, dass das Zweitwerk den wackligen Einstand in den Schatten stellt. Black Sabbaths gleichnamiges Debüt aus dem Jahre 1970 gilt kaum als Sternstunde des Heavy Metal, hört man es dem dumpfen Sound und dem ruppigen Zusammenspiel doch an, dass die Platte an einem einzigen Tag eingespielt wurde. Umso geschlossener und bedrohlicher kommt der Nachfolger «Paranoid» (1971) daher: das erste Meisterwerk dieser Band.
Ähnlich blühten Bryan Ferry und seine Roxy Music erst auf «For Your Pleasure» (1972) auf. Oder Public Enemy mit «It Takes A Nation Of Millions to Hold Us Back» (1988) und Radiohead auf «The Bends» (1995). In allen Formationen hatten die Musiker von den gemeinsam gesammelten Bühnen- und Studioerfahrungen profitiert. Und es wurde ihnen erst dadurch klar, was sie alles mit ihrer Musik erreichen konnten – oder wollten. Klarheit gibt einer Band das nötige Selbstbewusstsein und auch den Drive, um die vielen Strapazen einer Profikarriere zu meistern, inklusive den stets schwierigen Verhandlungen mit Plattenfirmen.
Das Paradebeispiel für ein unter optimalen Bedingungen entstandenen Zweitling ist aber Nirvanas «Nevermind» (1991). Nach den Aufnahmen zum Einstand «Bleach» (1989) war der Schlagzeuger Dave Grohl zur Gruppe gestossen: die bandinterne Chemie war damit entfacht. Zusammen mit dem Produzenten Butch Vig erarbeitete das noch wenig bekannte Trio ein Klassiker, dem man sogar den glatten Mix verzeiht, den die Plattenfirma verordnet hatte.