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das kulturelle überformat
Nr. 2 / 26. Februar 2007
#Kolumne von Markus Schneider, Berlin
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gedankengang
Kolumne von Markus Schneider, Berlin

Ich käme mir wie ein Tourist in der eigenen Stadt vor, würde ich den Job nicht alle Jahre wieder vom Potsdamer Platz aus, wo das Festivalzentrum und die meisten seiner Kinos liegen, übernehmen. Auf diese Weise habe ich vor einigen Jahren umgehend das frisch erbaute Ritz-Carlton direkt am Platz kennengelernt, dessen Art-Deco-Turm weit jenseits des Berliner 5-Stock-Traufhöhenfetischismus einen Hauch Manhattan der 20-er Jahre nach Berlin bringen sollte. Tatsächlich verhindert auch der Glanz im Innern, die schwere Auslegware und die hohe, marmorne Weitläufigkeit der Lobby nicht, dass sich das Gebäude ins typische und notorische Berliner Gestoppel einfügt. Ob auch das mit der Berliner Variante kölschen Klüngels zu tun hat, die bekanntlich über die Jahre gerne den einen oder anderen Bauskandal verursacht hat – man weiß es nicht.

Der alberne gelb-rote Klinkerkram auf der südlichen Seite des Platzes infiziert jedenfalls auch den angestrengten gläserenen Hypermodernismus des gegenüberliegenden Sony-Centers mit einer gewissen Provinzialität, den auch die angrenzende Ritz-Nostalgie nicht vertreibt. Besser hat es da das altehrwürdige Adlon am Pariser Platz vor dem Brandenburger Tor, das beste Hotel am Ort, das selbst Lauren Bacall zu einem anerkennenden «nice little hotel» hinreisst. Es ist immer wieder ein eigenartig hilfsglamouröses Gefühl, mit der Festivallimousine vorgefahren zu werden, um dann eventuell den sympathischen Matt Damon, die zurückhaltende Martina Gedeck oder den unbeeindruckt steingesichtigen Robert De Niro zur Pressekonferenz zu begleiten und dem Festivalchef zuzuführen oder zum roten Teppich vor dem Berlinale Palast zu begleiten – nicht ohne zu bemerken, dass DeNiro dem Adlon-Martini misstraut und kurz vor Aufbruch lieber selbst die Mischung in die Hand nimmt.

Pünktlichkeit ist die Höflichkeit der Könige, denke ich immer sehr altkonservativ während des Festivals. Fünf Minuten für King Bobs