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das kulturelle überformat
Nr. 1 / 25. Januar 2007
#Zänker, Schreier und Bastarde
  4/5
dossier: Tom Waits
Zänker, Schreier und Bastarde

Ordnung. Eine Neuordnung der Dinge mit dem Untergrund als höchsten Punkt und der stilistischen Twilight Zone als Hauptstrasse.

Kathleen Brennan, dieses die Öffentlichkeit scheuende Geschöpf, hat den von uns so gewünschten Mythos des gefallenen Engels begraben. Aber es gab keinen Grund, dem versoffenen Barpianisten nachzutrauern. «Swordfishtrombones» ist die eigentliche Geburt des Tom Waits. Des Chronisten des Andersartigen. Jenes Menschen, der von der Journalistin Elizabeth Gilbert so beschrieben wird: «Tom Waits would be America’s Springsteen – if America were a strange dispossessed land of circus freaks.»

3. Akt: Im Badezimmer

Nun: Amerika mag längst «a strange dispossessed land of circus freaks» sein. Und das Amerika von Springsteen ist es auch nicht mehr. Aber die Authentizität des Waitschen Klangkosmos ist dafür umso mehr spürbar. So sehr er in den Filmen, in denen er spielt – von Jim Jarmuschs «Down By Law» über Francis Ford Coppolas «Bram Stoker’s Dracula» bis zu Robert Altmans «Short Cuts» – uns noch wie sein anfänglicher Mythos vorkommen mag, so sehr berührt uns seine Musik als klanglicher Widerhall unserer eigenen Existenz.

Tom Waits und – mit ihm gemeinsam – Kathleen Brennan forschen auf ihrer entlegenen Farm zurück im ländlichen Kalifornien unentwegt an neuen Ausdrucksformen. Die Verweigerung des Handelsüblichen ist die Grundstruktur, auf denen ihre Statements aufbauen. Nichts ist gegeben und alles ist möglich. Mittlerweile stammen die wichtigsten Instrumente, die Waits benutzt, aus dem heimischen Küchenschrank. Das Album «Real Gone» etwa ist ein Konglomerat an Geräuschen. Ein stetes musikalisches Rocheln, in das sich eine Handvoll Songs hineingesetzt hat. Ein Song wie «Hoist That Rag» – ein Brocken dichtester Klangmaterie, eine 


Foto:
James Minchin III