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das kulturelle überformat
Nr. 1 / 25. Januar 2007
#Frauen in der Popmusik
  3/5
dossier: Norah Jones
Frauen in der Popmusik

Konsequent gab die damals 59-jährige Kanadierin im Frühling 2003 ihren Austritt aus dem Musikgeschäft bekannt. Die jüngeren Singer/Songwriterinnen haben weitaus weniger Bedenken, aus ihren Reizen Kapital zu schlagen. Die Musik einer Jewel ist beispielsweise zu seicht, um Journalistenherzen höher schlagen zu lassen, ihr neckisches Dekolleté tut es aber allemal. Auch wenn Heather Nova im Konzert einen überraschend harten Gang einlegt, sprechen ihre scheue Art und dünne Hauchstimme den Beschützerinstinkt eines jeden Machos an.

Die sensible Engländerin Dido sieht hingegen von derartigen Mätzchen ab. Ihr Millionenerfolg trotz Nicht-Image ist allerdings die sprichwörtliche Ausnahme, die die Regel bestätigt. Mary J. Blige hat sich hingegen als Tina Turner fürs neue Jahrhundert etabliert, indem sie sich von Drogenabstürzen und häuslicher Gewalt befreit hat. Weil die New Yorkerin zu den wirklich grossen Stimmen der Gegenwart  gehört, ist sie zur unangefochtenen Diva im R’n’B-Umfeld avanciert; um so mehr überrascht es, dass dieses Ausnahmetalent es lange für nötig hielt, mit einer leicht schäbig wirkendem Strassenerotik zu kokettieren. So etwas hat die Überlebenskünstlerin eigentlich nicht nötig.

Diese Art von Imagepflege versetzt Chrissie Hynde von den Pretenders geradezu in Rage. Die schlagfertige Amerikanerin ist keine Sex-Klemme, wusste sie doch immer die eigene Sinnlichkeit mit feministischem Savoir-Faire zu vereinen, aber heute versteht sie ihr eigenes Geschlecht nicht mehr: «Die meisten Frauen im Musikgeschäft sehen doch wie Porno-Stars aus. Sie geben zwar vor, nur den Rat ihrer Manager zu befolgen, aber diese vordergründige Naivität ist schlicht verlogen. Wenn ich mich nicht vor der Kamera ausziehen muss, dann muss das eine Rapperin wie Lil’ Kim auch nicht. Sex verkauft sich halt, und das wissen die Frauen auch nur zu gut.»

Dass ältere Semester wie Chrissie Hynde (55) oder Deborah Harry