Vor knapp zwei Monaten, am 10. August, starb «Mr. Manchester», Tony Wilson. Er war 57 Jahre alt geworden – aber er kämpfte bis zuletzt. Als er erfuhr, dass die Medikamente, die er benötigte – er litt an Nierenkrebs – beim öffentlichen Gesundheitsdienst nicht gratis erhältlich waren, startete er eine Kampagne: «Als lebenslanger Sozialist habe ich nie bei einer privaten Krankenkasse einbezahlt. Jetzt erfahre ich, dass man sich vom Staat gratis den Magen verkleinern und Schönheitschirurgie verpassen lassen kann, dass ich aber die Drogen nicht bekomme, die ich zum Leben brauche!», wetterte er. Tony Wilson war der archetypische Mancunian. Mit seiner dramatischen, provokativen Art – er konnte James Joyce und diverse Philosophen zitieren, um unversehens zu behaupten, Happy-Mondays-Kopf Shaun Ryder sei ein Poet wie Wordsworth – ging er vielen auf die Nerven, vor allem im Süden von England. Wenn er indessen durch die Strassen von Manchester schritt, wurde ihm des öfteren ein saftiges «Wanker!» zugezischt. Er verstand dies als Kompliment – genauso, wie es um drei Ecken herum eigentlich auch gemeint war. Wilson war ein Unikum. Ein enthusiastischer Drogenschnüffler, der gleichzeitig am Fernsehen Talk-Shows und News präsentierte, als wäre er der Pfeiler des Establishments. Ohne Wilson, das kann mit Fug und Recht behauptet werden, gäbe es keine Manchester-Szene, wie wir sie heute kennen. Der Sarg, in dem Wilson begraben wurde, während die Fahne vor dem Rathaus auf Halbmast stand, hatte übrigens eine Katalognummer: Fac 501.
Die Geschichte
Es begann 1976. Wilson, ein Mann mit hemmungsloser Schnauze und einem Literaturstudium im Gepäck, war Moderator einer Musiksendung im Fernsehen. Ein Sex-Pistols-Konzert, organisiert von Howard Devoto und Pete Shelley, stellte seine Welt auf den Kopf. Es war das gleiche Konzert, das Peter Hook (Joy Division/New Order) dazu bewog, den ersten Bass zu kaufen. Wilson ölte sich ins