Der Vergleich zwischen New Order und Pink Floyd mag überraschen. Schliesslich operieren diese britischen Bands in sehr unterschiedlichen Gefilden des Musikgeschäfts. Und doch liegt er auf der Hand, haben doch beide Gruppen traumatische Abgänge in ihrer frühen Geschichte weggesteckt, um später Millionenerfolge zu erzielen.
1968 zwang Syd Barretts Metamorphose vom kreativen Energiebündel zum stummen LSD-Wrack seine Kollegen bei Pink Floyd, ihn aus der Band zu werfen und mit einem neuen musikalischen Konzept weiterzumachen. Nach dem Suizid ihres Sängers Ian Curtis am 17. Mai 1980 begruben Bernard Sumner, Peter Hook und Stephen Morris ihre bisherige Band Joy Division und wagten als New Order den innovativen Brückenschlag zwischen New Wave und elektronischer Tanzmusik. Beide Gruppen wurden mit Millionenverkäufen für ihren individuellen Mut belohnt.
Nun werden New Order allerdings von ihrer Vorgeschichte wieder eingeholt. Diesen Herbst wird Anton Corbijns Film «Control» Joy Division wieder auferstehen lassen, parallel zum Kinostart läuten Ausstellungen, Bücher und Dokumentarfilme über das einflussreiche Quartett einen regelrechten Overkill ein. Und viele jüngere Musikfans werden sich fragen, was der plötzlich aufkommende Rummel soll: für Corbijn, der einstige Hof-Fotograf der britischen Post-Punk-Szene der frühen achtziger Jahre, ist «Control» eine persönliche Wurzelsuche, aber jene, die New Order gerade noch als Pet Shop Boys ohne Humor wahrgenommen haben, wird die kommunale Rückblende wie der Pilot zu einer halbvergessenen Fernsehserie vorkommen.