ausgeprägt wie früher, was mit dem Einfluss der Medien zu tun hat. Vor fünfzig Jahren hatten gewisse Szenen wie New Orleans oder New York ihren ganz eigenen Groove, aber heute werden die jungen Musiker Einflüssen von überall her ausgesetzt, da hört man es ihnen gar nicht mehr an, woher sie stammen. Früher orientierte man sich stärker an der Musik, die im eigenen Quartier gespielt wurde, was natürlich das Lokalkolorit einer Szene verstärkte. Beim Rap gibt es diese regionalen Unterschiede aber nach wie vor: der Dirty South aus den Südstaaten klingt ganz anders als der Hip-Hop, der an der West- oder an der Ostküste gemacht wird.
Gleichzeitig gibt es immer wieder Musik, die nur innerhalb eines bestimmten Umfelds funktioniert – der Globalisierung zum Trotz.
Da muss ich an Charlie Parker denken, der vom Publikum ausgebuht wurde, als er zum allerersten Mal an der Westküste spielte.
Die Leute liessen sich von den komischen Noten in Rage bringen, die er damals zu spielen gewagt hatte. Und diese Reaktion war einer der Gründe, warum Charlie Parker dann in die psychiatrische Anstalt musste. Oder an Martin Luther King, der ja seine Kampagne in den Südstaaten begann, wo die Rassentrennung viel brutaler war als im Norden. Und das bereitete ihm grosse Probleme, als er mit den Schwarzen im Norden der USA in Berührung kam. Er musste seine Message umformulieren, damit sie sich auch angesprochen fühlten.
Sie stammen ursprünglich aus New York, wohnen aber seit einigen Jahren in Kalifornien. Hat Ihre Wahlheimat Ihre Musik auf irgendeine Art und Weise beeinflusst?
Nicht sonderlich. Ich spiele immer noch wie ein New Yorker, also ziemlich aggressiv und treibend. Neulich hat George Duke mich zu einer Session eingeladen und ich habe ihn gefragt, wieso ich fünf Jahre warten musste, bis er mich ins Studio holt, obwohl ich gleich um die Ecke wohne. Seine Antwort war: «Du bist so typisch New York, dass es mir einfach nicht in den Kopf will, dass Du hier in Kalifornien lebst.» Bloss weil man den Wohnort wechselt, heisst das nicht, dass man seine Herkunft hinter sich lässt. Sie ist wie Deine Muttersprache, die immer Deine Muttersprache bleiben wird, egal, wo Du gerade wohnst. Mit der Musik verhält es sich genauso.
Wollen Sie damit sagen, dass Sie auf neue Einflüsse resistent sind und sich immer wieder an den gleichen Bezugspunkten orientieren?
Klar passt man sich ein wenig an. Joe Cocker musste seinen nordenglischen Akzent auch ein wenig abschwächen, um von seinen Nachbarn in Colorado verstanden zu werden. Aber wenn er auf der Bühne steht und singt, dann ist er wieder dieser Typ aus Sheffield, der seine ganze Jugend damit verbringt, Soul-Platten zu hören. Das gleiche gilt für Miles Davis: er war so etwas wie eine New Yorker