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das kulturelle überformat
Nr. 7 / 4. September 2007
#Interview mit Ben Harper
  7/11
musik
Interview mit Ben Harper

wieder zum Leben erwecken können. Eine solche Platte ist nicht einfach zu machen, die zeitliche Effizienz mag für heutige Verhältnisse ebenfalls nicht stimmen, aber es ist eine Methode, die die Atmosphäre, den Soul einfangen kann und – davon bin ich überzeugt – auch qualitativ besser klingt als die digitalen Aufnahmen.

Die Musikindustrie ist in einer Krise – immer weniger Leute kaufen sich CDs. Oder laden sich – wie erwähnt – nur noch den einen Song herunter. Sie dagegen sind ein Künstler, der ein Album als ein Ganzes versteht. Es geht ja auch keiner in eine Galerie und will dann bloss den unteren Drittel eines Gemäldes kaufen, weil ihm auf Anhieb nur dieser gefällt. Beschäftigt Sie dieser Trend?

Auf der einen Seite gibt er mir zu denken, auf der anderen weiss ich aber auch, dass wir uns am Anfang einer – nennen wir es – musikalischen Renaissance befinden. Ich weiss nicht, wo uns diese hinführen wird, aber ich bin stolz darauf, dass ich Teil von ihr bin. Ich werde auch in Zukunft Platten aufnehmen und sie physisch veröffentlichen. Man müsste mich schreiend und um mich schlagend zu jenem Punkt schleifen, in der ich mitten in einer digitalen Welt die Songs einzeln auf eine Plattform laden müsste. Ich bin fest von meiner Methode überzeugt, von der Darstellungsweise, die nachvollziehen lässt, wie man sich künstlerisch weiter entwickelt

und die einen via Album eine klangliche, musikalische und lyrische Reise offenbart, die mit dem ersten Song der Platte beginnt und mit dem letzten Stück endet. Und ich bin nicht der einzige, der so denkt und handelt. Aber man muss auch sagen, es gibt viele Musiker – da wären wir alle froh, wenn sie nur einen einzigen Song auf einmal veröffentlichen würden, es wäre eine Erlösung für uns alle.

Ich glaube auch, dass es das Recht eines Musikers ist, sich zurückzuziehen, um an einem neuen Album zu arbeiten. Dieses Album wird immerhin ein neues Kapitel sein in seinem Werk. Wenn er wie ein Tagebuch Song für Song veröffentlichen müsste, würde das Kapitel auseinanderfallen.

Das sehe ich genauso. Der Künstler braucht auch die Möglichkeit des Rückzugs, ansonsten kann er die Kreativität nicht mehr kanalisieren. Zudem würde auch gar keine Hinterfragung der eigenen Arbeit stattfinden. Man schreibt Lieder, man geht auf Tournee, man überarbeitet sie, weiss Jahr für Jahr etwas mehr über sich selber, arbeitet weiter daran und irgendwann kommt wieder die Zeit, in der man bereit ist, ein Statement zu veröffentlichen.

Ein einzelner Song kann dies alles gar nicht tragen.


In den seltensten Fällen. Als Hörer will ich doch auch herausgefordert sein und nicht nur bedient werden. Nehmen wir «Yankee Hotel