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das kulturelle überformat
Nr. 7 / 4. September 2007
#Zukunft des Reggae
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dossier: Reggae
Zukunft des Reggae

Die Zukunft des Reggae begann 1981. In diesem Jahr erschien «Mad Over Me», die Single, mit der sich Yellowman in den Dancehalls etablierte. Tapper Zukie, der Toaster, der eine Brücke von Jamaika zu den Punks schlug, nachdem Patti Smith sein erstes Album «Man Ah Warrior» samt einem Cover von Robert Mapplethorpe auf dem eigenen Label veröffentlicht hatte, war frustriert: «Gute Musik, Kultur, verkauft sich nicht mehr. Heute ziehen die Leute Gimmicks vor. Vielleicht lassen sie sich heute einfach lieber zum Lachen bringen als sich einige ernsthafte Gedanken zu machen.»

Yellowman – im Gegensatz zu Dutzenden seiner Instant-Nachahmern – war es indes nicht nur zum Lachen zumute. Als Albino stand er zuunterst in der sozialen Hackordnung Jamaikas. Indem er sich in seinen Texten nun als Übermensch in Sachen Sexappeal und als grotesken Potenzbolzen hinstellte, stellte er das Handicap auf absurde Weise auf den Kopf. Der surreale Humor seiner obszönen Lyrics gefiel dem jungen Dancehall-Publikum, ganz zu schweigen von seinen süffigen, halb gesungenen, halb gesprochenen «Singjay»-Melodien und den bombenschweren, minimalen, häufig von Henry «Junjo» Lawes produzierten Riddims.

Im Nu war Yellowman ein Superstar, Obszönität – «Slackness» – war der Schlager der Dancehalls. Slackness war nichts Neues in der Karibik: ausgehend von der alten Folktradition konnte der Calypso der fünfziger Jahre auch ganz schön derb auftreten. Schon in den ersten Tagen des Reggae lieferten sich I-Roy und ein paar andere verbale Duelle, in denen es vorab ums gegenseitige Übertreffen der eigenen sexuellen Abenteuerstories ging. Ein besonders beliebter Trick war dabei, den anderen als schwul zu bezeichnen. Ein wohlformulierter Spruch dieser Art konnte ganze Karrieren abschiessen. Jetzt aber, in den frühen achtziger Jahren, wandelte sich «Slackness» in Jamaika zur dominierenden Ausdrucksform.