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das kulturelle überformat
Nr. 7 / 4. September 2007
#Dub
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dossier: Reggae
Dub

Die Reggaeecke im Buchregal ist mittlerweile gut gefüllt. Es gibt solide Nachschlagewerke, Oral Histories, Biographien und mit Lloyd Bradleys «Bass Culture» seit kurzem eine ausgezeichnete Sozialgeschichte sogar auf deutsch.
Überraschenderweise ist aber Michael E. Veals «Dub: Soundscapes and Shattered Songs in Jamaican Reggae» die erste und einzige erhältliche Abhandlung über jenen Stil im Reggae, der sich, mit einem künstlerischen Höhepunkt Mitte der Siebziger, als einflussreichster künstlerischer Export Jamaikas erwiesen hat – wie man nicht nur in der Coda von Veals ebenso gründlicher wie inspirierter Abhandlung zusammenfassend vor Augen geführt bekommt. Dort werden knapp die popmusikalischen Stile von Punk über Hip-Hop in die derzeitige Electronica verhandelt, in denen die verhallten Echogeister des Dub spuken – die Manipulation der Tonspuren und ihre «Deformation der Meisterschaft», die Soundeffekte des Studios und der atmosphärische Grundton von Drum und Bass, den Veal, vergleichbar dem Swing im Jazz, als den «musikalischen Signifikanten des jamaikanischen kulturellen Ethos» entziffert. Nicht weniger wichtig als der stilistische Einfluss sind die ästhetisch-technologischen Motive des Dub, die sich als grundlegend für unsere derzeitige Remix-Kultur erwiesen haben und die kompositorischen Grundlagen des Pop insgesamt durchdringen.

Dabei war Dub zunächst nur die «Version» – wie die Instrumentals im Reggae genannt wurden – eines Songs, die B-Seite einer Single, mit der die Sound Systems, die mobilen Discos der Dancehall, den Rhythmus verlängern konnten. Dubs wirkten dabei als Signatur eines bestimmten Studios und wurden Grundlage für die exklusiven Versionen einzelner Auftraggeber und Deejays (wie in Jamaika die Rapper heissen), die über den «Riddim» (das immer wieder verwendete harmonisch-rhythmische Gerüst eines Songs) texten und dabei auch mit den verbliebenen Gesangsschnipseln in Verbindung traten.