Anzeige
das kulturelle überformat
Nr. 7 / 4. September 2007
#Bob Marley
  4/11
dossier: Reggae
Bob Marley

Details tun oder aber einen noch knackigeren Riddim austüfteln. All das war nicht dazu angetan, dem Rockpublikum zu imponieren. Dazu waren im Reggae weiterhin Gesangsduos und –Trios populär, was zumindest in Grossbritannien mit Soul gleichgesetzt wurde. Und Anfang der siebziger Jahre galt Soul in England als das uncoolste Ding überhaupt. Für die aberwitzigen Sprüche und den Humor der Toasters hatte man sowieso kein Ohr, man verstand ja kein Wort. Und die Reize des Dub lagen ebenfalls noch fernab vom Radar der Rockszene – wenn man schräge Verfremdungseffekte haben wollte, wandte man sich dem Krautrock zu.

Von «Island» zu «Island»

Chris Blackwell gehörte einer wohlbetuchten englischen Familie an, die in Jamaika lebte. Geboren 1937, startete er dort 1959 das Plattenlabel Island. Anfangs verlegte er lokalen Jazz und Gospel. Laurel Aitkens «Little Sheila» bescherte ihm den ersten Proto-Ska-Hit. 1962 zog er mit der Idee nach London, die dortigen jamaikanischen Exilanten mit der Musik ihrer Heimat zu versorgen. Den Gepflogenheiten des europäischen Marktes folgend, gab er auch einige Alben heraus – die Mehrheit der Veröffentlichungen waren aber Singles, darunter mehrere von den Wailers und eine von einem gewissen «Robert Morley».

Nach dem Erstlingsalbum von Jimmy Cliff, das 1968 erschien, konzentrierte sich Blackwell auf die Rock- und Folkszene, ohne jedoch seinen engen Kontakt zu Jamaika und zum Reggae aufzugeben. Fünf Jahre später war in ihm die Idee gekeimt, den Versuch zu wagen, Reggae dem Rockpublikum schmackhaft zu machen. Dazu brauchte er erstens eine Band – die Erfahrung mit Jimmy Cliff hatte gezeigt, dass ein einzelner Sänger nicht über das Poppublikum hinaus kam – zweitens ein Album mit Produktionswerten, die den Qualitätsansprüchen europäischer Ohren genügen konnten, und drittens musste die Band imstande sein, wie eine Rockband auf Tournee zu gehen.