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das kulturelle überformat
Nr. 7 / 4. September 2007
#Bob Marley
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dossier: Reggae
Bob Marley

spätestens nach dem Erscheinen von «Exodus» vor genau dreissig Jahren der Eindruck, Bob Marley repräsentiere den einsamen künstlerischen Höhepunkt des Reggae. Weil die Produktion von Marleys Alben dermassen gekonnt auf die Hörgewohnheiten des Rockpublikums einging, meinten viele, beim Anhören etwa von Gregory Isaacs’s minimalistisch instrumentierten Liebesliedern inferiore Ware vorgesetzt zu bekommen.
Und weil Marleys militant zur Schau gestelltes Rastatum als Gütesiegel des authentischen Reggae erachtet wurde, galt umgekehrt das Vorurteil, dass ein Sänger ohne Dreadlocks nicht das «echte» Jamaika vertrat. Einer, der zwar Dreadlocks trug, doch aber vorzugsweise Liebeslieder zum Besten gab, wurde schnell als opportunistischer Schlagersänger abgetan. Damit war den jamaikanischen Musikern eine neue Zwangsjacke umgelegt worden: nur militante Rastas wurden akzeptiert – ein verliebter Rasta war suspekt. Das führte zu bizarren Situationen. Zum Beispiel zu jener, dass Sänger wie Dennis Brown, Gregory Isaacs, Freddy McGregor, Erroll Dunkley und Sugar Minott, die in den Reggae-Dancehalls von Jamaika, London und New York absolute Superstars waren, vom Marley-Publikum kaum beachtet wurden. Oder, dass englische Reggae-Bands auf dem europäischen Kontinent vorgeben mussten, aus Jamaika zu stammen, ansonsten sie nicht engagiert worden wären. «Es war schon ein komisches Gefühl», erklärte mir der englische Toaster Pato Banton noch in den späten achtziger Jahren. «Dass wir nach all dem, was wir in England erreicht hatten, Jamaikaner sein mussten, wenn wir nach Holland auf Tournee gingen!»

Aktuelles Album:
Bob Marley & The Wailers: «Exodus» 30th Anniversary Deluxe Edition (Universal)

Bilder © Island / Universal

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