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das kulturelle überformat
Nr. 7 / 4. September 2007
#Kolumne von Hanspeter Künzler, London
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gedankengang
Kolumne von Hanspeter Künzler, London

Verwesungsgase aushauchen könnte. Daraus ergibt sich ein Dilemma. Obliegt mir als senkrechtem Bürger am Ende die Pflicht, zum Bier ein Pfefferminz zu saugen, um sicher gehen zu können, dass ich die Tischnachbarn mit meinem Atem nicht in den Suizid treibe? Was allerdings den Pub-Besuch überflüssig machen würde, denn die Mischung von Pefferminz und Grolsch ist in der Tat kein Fussmarsch wert. Oder stelle ich besser so ein Hotelschild vor mich hin, «Do Not Disturb», damit ich mit meinem möglicherweise ja tatsächlich existierenden Mundgeruch allein gelassen werde und drum kein schlechtes Gewissen haben muss? Letzteres wäre indessen nur dann eine Lösung, wenn verlässliche Angaben über den Radius geringer, mittlerer und tödlicher Mundgerüche vorlägen, so dass man sich entsprechend einrichten könnte. Also, liebe Moleskin-Designer: beim nächsten Taschenkalender bitte eine Mundgeruch- Radius- Tabelle hinzufügen! Was sage ich da – man will ja genauso wenig allein im Pub dahocken wie Grolsch mit Pfefferminz mischen. Wie sangen die Kinks doch so schön: «Life is so complicated – ladi-dadi-daa-daa ...».

Aber das Leben ist nach dem Rauchverbot noch viel komplizierter, als sich das die Kinks anno 1971 je hätten vorstellen können, als sie das träfe Liedchen komponierten (Album: «Muswell Hillbillies», eines ihrer besten). Mein Pub zum Beispiel, Father Ted’s in der Willesden Lane, Kilburn, hat im Zuge der liberalisierten Lizenzgesetze seit geraumer Weile die Bewilligung, 24 Stunden offen zu sein. Im Klartext bedeutet dies, dass, wer vor ein Uhr morgens eingetreten ist, sein Bier so lang weiterschlürfen darf, bis der Wirt ins Bett geht, was je nach Laune zehn nach eins oder sechs Uhr früh sein kann. Für die Raucher ist der winzige Anbau zwischen Trottoir und Schankstube niedergerissen worden. Dort hat es nun knapp Platz für drei runde Tischchen, sechs, sieben Stühle sowie ein ausrollbares Sonnendach. Das Rauchen muss in Schichten passieren, sonst wirds eng. Im diesjährigen Sommer ist das kein Problem: es will eh keiner länger als eine Zigarette lang