Die Frage muss sich wohl jeder Schriftsteller stellen, spätestens auf dem Sterbebett: Was geschieht mit meinem Nachlass? Nicht alle nehmen es dabei so locker wie der amerikanische Autor Richard Ford. «Ich schreibe für die Menschen, die heute am Leben sind. Über das, was nach meinem Abgang geschieht, mache ich mir keine Gedanken», sagte er vor zwei Jahren in einem Interview. Auch wenn Ford damit kokettiert – für Schriftsteller ist dies zweifellos die gesündeste Einstellung dem eigenen Nachlass gegenüber. Zwar haben Autoren juristisch gesehen das Recht, über das Schicksal ihres Werkes zu entscheiden. Oftmals urteilt die Geschichte aber anders, wie das Beispiel Franz Kafka deutlich zeigt. Kafkas Vermächtnis wurde – gegen seinen Willen – postum veröffentlicht.
Bevor Kafka 1924 an Tuberkulose starb, hatte er seinem Freund Max Brod unveröffentlichte Manuskripte überreicht. Er wünschte, dass diese nach seinem Tod verbrannt werden. Brod hielt sich jedoch nicht an die letzte Bitte und veröffentlichte die Werke, darunter die unvollendeten Romane «Der Prozess» und «Das Schloss». Zum Glück, ohne Brods eigenwilliges Handeln wäre die Literaturgeschichte um einige Meisterwerke ärmer. Eine negative Begleiterscheinung ist jedoch, dass der Fall Kafka bis heute die Gerichte beschäftigt: Brod, der 1939 vor den Nazis nach Israel floh, vermachte den Nachlass seiner Sekretärin Ester Hoffe. Als diese vor zwei Jahren starb, haben ihre Töchter das Konvolut geerbt. Nun möchten sie es an das Deutsche Literaturarchiv in Marbach verkaufen, was die israelische Nationalbibliothek jedoch nicht akzeptieren will und Einspruch erhoben hat. Ein hässlicher Streit, den Kafka wohl verabscheut hätte.
Dass es letztlich der Literaturbetrieb ist, der über Veröffentlichung und Nicht-Veröffentlichung unpublizierter Werke entscheidet, zeigt auch die Geschichte des Nachlasses von Vladimir Nabokov. Mehr