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das kulturelle überformat
Nr. 19 / 10. November 2008
#Porträt
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dossier: Brian Eno
Porträt

Eigenschaft geprägt: er teilt mit der restlichen Musikszene – insbesondere mit den britischen Medien – nicht die Berührungsangst zu komplexen Theorien, Worten mit vielen Silben und verspielten Konzepten. Es gehört zum Grundton der britischen Pop- und Rockrezeption, Musik, Literatur oder Menschen als «pretentious» zu bezeichnen, die in ihrer Arbeit über den Schatten der Erwartungen hinaus zu springen versuchen. Viele Briten treten Äusserungen, die auch nur leise den Verdacht erwecken, sie könnten auf die Lektüre eines  philosophischen Buches zurückzuführen sein, mit grösstem Misstrauen gegenüber. Brian Eno hat sich um solche Vorurteile nie gekümmert – und gerade das hat ihm das tangentielle Denken erlaubt, das selbst seine unkonventionellen ersten Solo-Alben zu Bestsellern machte (sie verkauften sich alle mehr als 100’000 Mal und bewogen Island Records dazu, ein separates Plattenlabel – Obscure – einzurichten, auf welchem Eno die Experimente von befreundeten Künstlern wie Gavin Bryars, David Toop und Max Eastley veröffentlichen konnte).

Dabei war er sich sehr wohl bewusst, dass er als «pretentious artist» gewissen Leuten sauer aufstossen konnte. Er schrieb zu dem Thema sogar den Essay «Pretension»: «Pretension wird abschätzig der Versuch genannt, etwas anderes zu sein, als man ‹wirklich ist›», heisst es darin. «In England gilt so etwas als besonders übel, weil wir dermassen misstrauisch sind auf Menschen, die über ihren Platz in der Gesellschaft steigen wollen.» Und: «Ich habe beschlossen, das Wort ‹pretentious› in ein Kompliment umzufunktionieren. Allgemein nimmt man