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das kulturelle überformat
Nr. 19 / 10. November 2008
#Kolumne von Markus Schneider, Berlin
  2/5
gedankengang
Kolumne von Markus Schneider, Berlin

so Johnston, findet uns die wahre Liebe doch. Seine Songs hören sich natürlich nicht so an, als würde er daran glauben. Er hofft es nur für uns. Johnstons Tremor aber kommt wohl, wie vermutlich auch die steifen, kleinen Schritte, mit denen er die Bühne betritt, von den Medikamenten gegen seine bipolare, also manisch-depressive Störung. Die quält ihn seit Jahrzehnten, manchmal muss er die sprichwörtliche Drehtür in die Psychiatrie nehmen, und dennoch hat er um die dreihundert Lieder geschrieben, sagt man, und damit Leute von Kurt Cobain über Tom Waits zu den Flaming Lips und TV On The Radio bezaubert. Mit «The Devil and Daniel Johnston» gibt es sogar einen ebenso anrührenden wie amüsanten Dokfilm von Jeff Feuerzeig.

Ich finde es übrigens falsch zu glauben, Daniel Johnston wäre so toll wegen seiner Verrücktheit. Dem Künstler helfen Fantasie, ein klarer Kopf, eine Vision vielleicht, aber all das geht bei einer Depression genauso kaputt wie früher oder später durch Drogen- und Alkoholsucht. Umso bewundernswerter ist die Energie von Leuten wie Johnston, sich durch die bleischweren Nebel aufzuraffen.

Ein bisschen dachte ich das auch zu Joseph Beuys, der immerhin vom Krieg traumatisiert war und dem hier gerade eine grosse Retrospektive im Hamburger Bahnhof gewidmet ist. Ich kannte Beuys eigentlich gar nicht besonders gut, obwohl es seit seinem Tod 1986 die eine oder andere Ausstellung gab, die ich gesehen habe. Aber die achtziger Jahre und erst recht die elektronischen Neunziger waren kein guter Ort fürs Authentische und so fiel er immer ein wenig ungünstig ins Gutmenschenlager, auch weil er so asketisch guckte, bei den Grünen war und Bäume pflanzte.

Ich glaube, man wollte seine etwas esoterischen Ideen von Menschen-Energie und Wärme einfach nicht zu genau hören, weil sie einen beim Coolsein störten. Heute kann man das gelassener sehen und sich gar darüber freuen. Und auch wenn viele der mit