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das kulturelle überformat
Nr. 17 / 5. September 2008
#Kolumne von Markus Schneider, Berlin
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gedankengang
Kolumne von Markus Schneider, Berlin

ihre Inhalte zu kontrollieren, sprich: Piraterie eindämmen. Oder eine Art Gema (Autorenrechte) abführen sollen. Zuerst habe ich das von ihm bei einem sehr guten und freundlichen Informationsessen mit Journalisten und Industrievertretern in einem Nobelrestaurant am Potsdamer Platz gehört. Zuletzt stellte er die Forderung bei einem Podiumsgespräch auf der c/o pop, einer Kölner Musikmesse mit Festival, wo er eigentlich zum Musikfernsehen plaudern sollte. Eine schöne und popnahe Veranschaulichung vom Lobbyismus-Prinzip, das eben vor allem Thesentingeln ist. Bald wird er die Idee auf der Berliner Popmesse Popkomm wiederholen, die auch wieder vor der Tür steht, und schon hat sich die These so in die bearbeiteten Journalistenköpfe gesetzt, dass wir ihr gar nicht mehr widersprechen wollen. In Köln verkündete er nebenbei dann doch noch gutgelaunt das Ende des Musikfernsehens wegen akutester Gestrigkeit und gierigen Sell-Outs an die Klingeltonindustrie. Was auch ganz witzig klang, weil es schliesslich die Industrie war, der er vorsitzt, die gar nicht schnell genug Songs zu Klingeltonscharen werden lassen konnte, als sich deren Renditechancen zeigten. Egal. Kurz empfohlen, und sei´s nur seiner unterhaltsamen Harcdcore-Häme wegen, sei der Roman «Kill Your Friends» von John Niven, der rasend schnell und rauschhaft  – wie es den Tonnen von Drogen entspricht, die im Buch bei jeder Gelegenheit konsumiert werden – seinen pathologisch unsympathischen Plattenfirmen-Helden durch mörderische Plattenfirmen-Exzesse hetzt.

Womit ich gar nichts gegen den einen oder anderen Exzess sagen will. Besonders aufschlussreich ist mir ein Abend in Erinnerung, der eigentlich früher Morgen war, als ich mit einer Bekannten auf einer Art Party im Agenturmilieu des Prenzlauer Bergs landete, die freilich unter sanft psychedelischen Chill-Out-Sounds schon zielstrebig dem Entropie-Zerfall entgegeneilte. Auf dem Sofa sass eine junge Frau, die dauernd Brechen musste, ihr Freund schnorchelte lustlos in Koksresten, einige kauerten mit Joints und Wodkadrinks in den Ecken, und nur der Gastgeber, den ich gar nicht kannte, krähte zur