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das kulturelle überformat
Nr. 16 / 3. Juli 2008
#Kolumne von Ernst Molden, Wien
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gedankengang
Kolumne von Ernst Molden, Wien

Das war super. Das hätten wir gern nochmal gesehen, aber an dem Abend gings nicht, kranke Tochter, ein Haufen Arbeit. Wir waren zuhause, der Fernseher lief, wir taten dies und das, und es wurde immer schwüler. Gegen Mitte der zweiten Halbzeit gerieten wir doch noch in den Bann des Spiels, aber da ging auch schon das Gewitter los. Im Netz meldeten sie, dass jetzt die Fanzone geräumt werde, und zwar dalli. Die Basler Leitung brach zusammen, Blitz und Donner passierten direkt über uns. Niemand begriff mehr, was geschah (aber jeder spürte, DASS etwas geschah).

Dann traf der Blitz die junge, hochaufgeschossene Esche direkt neben jenem Trafo-Kasten, der die Oberleitung der in unserer Gasse verkehrenden S-Bahn versorgt. Der grösste Ast der Esche, fing Feuer, bruzzelte allmählich (weil gleichzeitig vom Sturm angefacht und vom Regen halb gelöscht) vor sich hin, und legte sich schliesslich schwer und quer über die S-Bahn-Oberleitung.

Da kam das Fernsehen kurz zurück: die Türken hatten gerade kurz die Oberhand, aber wir konnten nicht schauen, weil die elektrischen Explosionen einsetzten. Der brennende Baum stellte eine Art Kurzschluss her, der in dem Trafokasten ohrenbetäubende Detonationen auslöste mit Feuerbällen, in die zu schauen einen  mehrere Sekunden lang erblinden liess.  Die Detonationen kamen erst in Minutenabständen, dann krachte es in immer kürzerer Folge. Die Liebste und ich versuchten abwechselnd und vergeblich, die Feuerwehr zu erreichen (auch weil immer wieder Züge unter dem Feuerbaum durchfuhren, nur durch einen Schutzengel nicht genau dann, wenn es krachte). Endlich klappte es: die Feuerwehr war kurz darauf da, Polizeiautos auch.

Wir hatten nicht geahnt, dass es Polizisten gab, die nicht mit der Euro beschäftigt waren. Aber sie kamen und sperrten den kleinen Grünstreifen mit der brennenden Esche ab. Zu unserer Erleichterung