einige der besten Konzertlocations Berlins, die Maria am Ufer und der Postbahnhof, grade fünf Fahrradminuten von hier weg liegt. Ich finde das also ganz ego-logistisch nicht so schlecht, mit der auch kritisch begrüssten «Dioxid-World» (wie sie Jens Balzer, Popredakteur der Berliner Zeitung, nannte, um die giftigen Altlasten wie Tina Turner zu benennen, die ausser Sportlern dort einlaufen werden). Richtiggehend Widerstand formiert sich jedoch gegen das so genannte Media-Spree-Viertel, das auf beiden Uferseiten knapp vier Kilometer lang geplant ist, trabantenhaft, teuer und modern, mit Uferlofts und Bürogebäuden nach Art der berühmt-berüchtigten Docklands in London. Natürlich erwarten die Kreuzberger, von dieser Entwicklung mitbetroffen zu werden.
Davon gelegentlich mehr, doch vorläufig denke ich, man sollte damit ruhig auch offensiv umgehen. Eine etwas sozialstärkere Mischung kann Kreuzberg nicht schaden, wie man grade daran sieht, dass ausgerechnet an den Schulbudgets im Kiez wieder gespart wird. Ein absoluter Skandal – nicht nur, wenn man bedenkt, wie heuchlerisch sich Politik und anderen Eliten über den nicht überraschenden, aber deprimierend gründlichen Zusammenhang von Bildung und sozialer Herkunft erschrocken haben. Kreuzberg sollte über genug gefestigte Strukturen verfügen, um nicht so zu kippen wie der Prenzlauer Berg, der mittlerweile wie Zehlendorf in jung ist: sehr weiss und reich. In Kreuzberg gibt es solide legalisierte Besetzerhäuser, türkischen Grundbesitz und eine trotz Arbeitslosigkeit, Armut und hohem Migrationssatz insgesamt ganz funktionierende Community, in der man sich üblicherweise auch nachts vollkommen ungefährdet bewegen kann. Da muss man sich auch nicht vom dummen Geld am Ufer bange machen lassen. Sondern eher darauf hoffen, dass durch erhöhte Aufmerksamkeit vielleicht alberne Idioten wie die gereizten Nackenschläger aus der Nachbarschaft gedrängt werden. Vielleicht zeigt Tiger im Gegenzug den deutschen Gutverdienern, wie ein ordentlicher Autokorso geht.
Markus Schneider