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das kulturelle überformat
Nr. 16 / 3. Juli 2008
#Literarische Zugänge
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dossier: China
Literarische Zugänge

Das sich rasend entwickelnde China bildet auch die Szenerie für die vier Kriminalromane von Qiu Xiaolong. Der 55-jährige Schriftsteller und Übersetzer (u. a. von T. S. Eliot) leuchtet darin die Risse aus, die in einem System entstehen müssen, das den Kommunismus predigt und den Kapitalismus praktiziert. Dazwischen wuchern zwangsläufig die Sumpfblüten der Korruption, die dem Protagonisten der vier Romane, dem nebenbei dichtenden Oberinspektor Chen Cao, viel Arbeit und Kopfzerbrechen bereiten. Im Auftrag der Partei soll er die kriminellen Auswüchse zurückstutzen, ohne die Interessen der Partei dabei zu beeinträchtigen – was logischerweise kaum möglich ist, da sie selbst in diese dunklen Machenschaften involviert ist. Besonders spannend macht, dass auch der sympathisch geschilderte Chen immer wieder in Konflikt zwischen Eigeninteressen und seiner öffentlichen Aufgabe kommt.

Qiu Xiaolongs Romane spielen grösstenteils in seiner Heimatstadt Shanghai, die er so treffend wie lebensnah schildert, obwohl er seit 1988 in den USA lebt. Dorthin war er im Rahmen eines literarischen Gastaufenthaltes gelangt und nach dem Massaker auf dem Tiananmen-Platz (Platz des Himmlischen Friedens) von 1989 nicht mehr in die Heimat zurückgekehrt. Seither schreibt er seine Bücher auf Englisch, weil er dadurch freier schreiben könne. Übersetzt werden seine Kriminalromane allerdings auch auf Chinesisch, neben 15 anderen Sprachen.

Man könnte meinen, dass Qiu Xiaolong durch das Leben in den USA den Draht zu seiner Heimat verloren habe. Tatsächlich aber machen seine Erfahrungen in zwei Welten viel vom Reiz seiner Krimis aus, weil die