Anzeige
das kulturelle überformat
Nr. 15 / 5. Juni 2008
#Interview mit Alanis Morissette
  6/7
musik
Interview mit Alanis Morissette

Sie haben ja auch schon vor dem US-amerikanischen Kongress gesprochen. Um was ging es in Ihrer Rede?

Um die Rechte der Musiker. Damals war die digitale Revolution dabei, die ganze Musikindustrie auf den Kopf zu stellen, aber im Gegensatz zu den Webportalen und Plattenfirmen, die in Washington bestens vertreten wurden, hatten die Musiker niemanden vor Ort, der sich für ihre Anliegen stark machte. Das hat natürlich Gründe. Wir Musiker sind doch alles Egomanen, die man nicht so schnell an einen runden Tisch kriegt, um gemeinsame Probleme zu diskutieren. Darum bin ich in die Bresche gesprungen.

Amerika ist wohl das einzige Land der Welt, das die Kulturschaffenden zu sich ins Parlament lädt. Ich kann mir kein europäisches Land vorstellen, das so etwas tut.


In den USA geschieht das ja auch nicht so oft. Bono und Adam Yauch von den Beastie Boys schauen ab und zu in Washington vorbei, um auf den Welthunger und die Menschenrechtsverletzungen in Tibet hinzuweisen, aber das ist etwas anderes. Ich finde es erschütternd, dass sich viele Musiker für politische Anliegen einsetzen, aber keinen Finger krumm machen, wenn es darum geht, die Zukunft ihres Metiers zu sichern. Wobei ich die Lobbyarbeit von Bono und Adam Yauch

nicht anprangern will. Natürlich will auch ich weniger Hunger in der Welt und mehr Freiheit für Tibet.  

Letztes Jahr haben Sie eine eigene Version von «My Humps» von den Black Eyed Peas ins Netz gestellt und damit für viel Gesprächstoff gesorgt. Um was ging es Ihnen damals?

Weil ich den Song verlangsamt und den Text verständlich gemacht habe, wurde meine Version automatisch als Kritik an den Black Eyed Peas verstanden, aber in Wirklichkeit war das Ganze nur ein Scherz, den ich mir gegönnt habe. Ich will nicht immer Stücke singen, bei denen ich meine innersten Gefühle aus mir herauspressen muss, und aus diesem Gedanken heraus entstand dann meine Version von «My Humps». Damit wollte ich den Song aber nicht lächerlich machen. Darin geht es auch um Weiblichkeit, da werden einige feminine Qualitäten zelebriert.

Setzen Sie sich selber unter Druck, Lieder zu schreiben, bei denen Sie etwas von sich preisgeben müssen? Oder fällt Ihnen der Seelenstriptease eher leicht?

Wirklich schwierig wird das Songwriting nur dann, wenn ich etwas für ein fremdes Projekt schreibe und mich nicht damit identifizieren kann. Ich muss mich immer in meiner Musik wieder finden können, was aber nicht heisst,