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das kulturelle überformat
Nr. 6 / 29. Juni 2007
#Interview mit Dee Dee Bridgewater
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musik
Interview mit Dee Dee Bridgewater

ein paar Tagen war ich am Jazzfestival Cully am Genfersee, da waren zwei junge Männer aus Mali im Publikum, die so von der Musik begeistert waren, dass sie zu uns auf die Bühne kamen, um mit uns zu tanzen. Am Ende des Konzerts haben sie mir auch noch Geld zugesteckt – wie man das in Mali macht, wenn einem der Auftritt eines Musikers oder eines Griots gut gefallen hat. Ein grösseres Kompliment konnte man mir gar nicht machen. Wenn diese Musik auch die Leute aus Mali anspricht, dann machen wir offenbar etwas richtig.

Die Fachpresse stand Ihren letzten Alben «This Is New» und «J’ai Deux Amours» sehr kritisch gegenüber. Kommt Ihr neues Werk «Red Earth» besser an?

Verblüffend gut sogar, ich kann mich vor Titelseiten und Artikeln kaum retten. Das ist umso überraschender, wenn man bedenkt, wie feindselig die Presse mir in den letzten Jahren gesonnen war. Weder «This Is New» noch «J’ai Deux Amours» wurden viel im Jazzradio gespielt. Ich bin umso glücklicher über diese Kehrtwende, weil «Red Earth» aus meiner ganz persönlichen Wurzelsuche heraus entstanden ist. Ich bin sehr dankbar, dass ein so persönliches Projekt ein derart grosses Echo finden kann.

Warum reagierten die Journalisten so negativ auf Ihre Kurt-Weill- und Chanson- Alben?

Man nennt die französische Fachpresse ja nicht umsonst die «Jazzpolizei». Die  Journalisten haben eine fixe Vorstellung davon, was Jazz ist und was nicht, und die Künstler sollen sich ja nicht zu weit von diesem Ideal entfernen. Ich glaube, dass ich es als Sängerin besonders schwer habe, weil die Jazzfrauen nie so experimentierfreudig waren wie die männlichen Instrumentalisten. Darum wird es uns jetzt zum Vorwurf gemacht, wenn wir mal etwas Neues versuchen. Ich gebe natürlich die perfekte Zielscheibe für grobe Attacken ab, weil jedes meiner Alben ein bisschen anders daherkommt. Sozusagen als Gegenreaktion auf die Versuche der Presse, mich und meine Musik fremd zu bestimmen, habe ich mich auf die Suche nach meinen afrikanischen Wurzeln gemacht. Und bin dabei in Mali fündig geworden.

Ursprünglich wollten Sie «Red Earth» mit Musikern aus verschiedenen afrikanischen Ländern einspielen. Warum haben Sie sich denn auf Mali eingeschossen?

Als ich 2004 zum ersten Mal nach Bamako kam, war das für mich wie eine Heimkehr. Die Leute dort sagten mir immer wieder, ich sähe aus, als stamme ich aus Mali, und die rote Erde, wie es sie dort gibt, hatte für mich schon in meiner Kindheit eine Faszination. Dazu kommt, dass ich eine tiefe Affinität zur traditionellen Musik des Landes spüre. Aus den Aufnahmen, die mir der Produzent Cheick Tidiane Seck bei den Vorgesprächen zu