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das kulturelle überformat
Nr. 6 / 29. Juni 2007
#Kolumne von Markus Schneider, Berlin
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gedankengang
Kolumne von Markus Schneider, Berlin

letzten Jahren auf Bewegung zeigt. So brachten mich Mai und Juni außer nach Zürich nach New York, ins österreichische Weinparadies Wachau, nach Stuttgart – und demnächst auch noch nach Finnland.

Österreich und Schwaben waren dabei reine Lust- und Frustreisen, geprägt von Hochzeits- und Geburtstagsfeiern und ultrahartem Nikotinentzug. In New York dagegen gab es das 50-Jahr-Jubiläum der West Side Story zu erinnern. Das bekanntlich eins der erfolgreichsten und einflussreichsten Musicals der Geschichte ist, nicht nur wegen Leonard Bernsteins Score, der sich von den Nummernfolgen abhebt und gesamtthematisch arbeitet. Sondern natürlich auch durch die Story, die einerseits Romeo und Julia neu bearbeitet, andererseits daraus eine immer noch gültige Ghettoerzählung bastelt. Was allerdings die Ghettoerzähler schon längst erkannt haben, weshalb es zum Beispiel 2000 den gar nicht schlechten Actionfilm «Romeo Must Die» gab, der mit Jet Li und Aaliyah (und natürlich einem Happy End) den Konflikt zwischen Chinesen und Afroamerikanern ausbrechen ließ. Oder die Breakdance-Version inklusive DJ-Battle vom Choreographen Rennie Harris, der die Geschichte vor einigen Jahren im Rahmen eines Sozialprojektes in Philadelphia aufgriff.

Beim Flanieren durch den Teil Manhattans, in dem die West Side Story spielt, fällt wieder einmal auf, wie gründlich sich New York verändert hat. Statt polnischer und puertoricanischer Einwandererblocks steht am historischen Schauplatz nun das Lincoln Center mit Wynton Marsalis’ musealem Jazzinstitut, das sich mit einem für Jazzverhältnisse riesigen Budget der Wiederaufführung der Musik Duke Ellingtons, Charlie Parkers oder Thelonious Monks widmet. Wogegen zunächst gar nichts zu sagen wäre. Würde Marsalis seinen Jazz nicht mit dem Aufkommen der Freebewegung abbrechen. Vor nicht allzu langer Zeit hat er, als gleichsam letztes kanonisches Werk, John Coltranes prä-free-Grosswerk «A Love Supreme» neu eingespielt – und es