Ein wenig Namedropping muss im Zusammenhang mit Vinicio Capossela erlaubt sein: wer 1994 «Che coss’è l’amor» das erste Mal hörte, meinte, das fehlende Glied zwischen Tom Waits und Paolo Conte gefunden zu haben. Von letzterem borgte sich Capossela das flinke Klavier und eine ausgeprägte Liebe für nicht-rockige Klänge, von Waits die heisere Nicht-Stimme und eine gewisse Unbekümmertheit beim Umgang mit Stilen.
Seit jenen frühen Tagen hat der schlitzohrige Capossela sein Publikum mit steten Hakenschlägen verblüfft: einmal elektrifizierte er die süditalienische Tarantella («Il Ballo di San Vito», 1996), dann entführte er in die dekadente Welt der Kaffeehäuser des frühen 19. Jahrhunderts («Canzoni a Manovella», 2000). Er liess sich von der Roma-Brass-Band Kocani Orchestra begleiten, holte Tom Waits’ Gitarrist Marc Ribot in seine Band, liess polyphone sardische Chöre auftreten und spielte für seinen Vater eine Nummer von Adriano Celentano ein. 2006 veröffentlichte er sein gewichtigstes, aber auch unbequemstes Werk: «Ovunque Proteggi» enthielt mechanischen Cha Cha, mexikanische Folklore, Klavier-Balladen und arabische Akkordfolgen. Das erstaunlichste an dieser Platte aber war die Tatsache, dass trotz dieses stilistischen Wechselbades dies sein kommerziell erfolgreichstes Werk wurde und die dazugehörige Tournee in seiner Heimat restlos ausverkauft war.
«Da Solo» von 2008 ist nun eine Rückkehr zu mehr Einheit, ein mehrheitlich ruhiges Album, rund ums Klavier gebaut. Und als Gäste sind auf «Da Solo» die Wüstenrocker von Calexico zu hören.