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das kulturelle überformat
Nr. 23 / 14. April 2009
#Joseph O'Neill
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literatur
Joseph O'Neill

Summe dieser niedergeschriebenen Worte wird langsam aber stetig der Kosmos namens New York vor dem Auge des Lesers sichtbar. Es scheint O’Neill nichts entgangen zu sein: die Menschen in den überfüllten Gängen der Subway, die Hans an ein Bild von Escher erinnern; die Vier-Dollar-Regenschirme, die von Afrikanern feilgeboten werden; die Mystik der russischen Bäder in Coney Island, das alte fast unbrauchbare Cricket-Feld hoch oben in der Bronx: die Delis, die Hinterräume, die Taxifahrer, die Aussenseiter, die Freaks, die Bürokratie, das unendliche Wasser rund um die Stadt, die Jahreszeiten – die Aufzählung könnte um Hunderte von Beobachtungen erweitert werden.

F. Scott Fitzgerald hat in «The Great Gatsby» einen Teil New Yorks geschildert («Netherland» flirtet bisweilen mit unausgesprochenen Vergleichen), Paul Auster oder Don De Lillo schreiben fast unentwegt über ihre Stadt. Woody Allen und Spike Lee haben sie visualisiert, andere wiederum haben sie vertont oder gemalt. Und doch hat es niemand zuvor geschafft, dieser Idee, die sich New York nennt, dermassen umfassend anzunähern wie O’Neill. Vielleicht hat es tatsächlich einen gebraucht, der die Stadt sowohl von Innen (als Bewohner) wie von aussen (als Einwanderer) betrachten kann.

Ganz zu Beginn von «Niederland» will Hans gerade sein Londoner Büro verlassen, um – wie er sagt – «ein bis drei Jahre in New York vorbeizuschauen und dann zurückzukommen». Darauf erwidert ihm ein Arbeitskollege, der früher dort war: «Das sagen Sie jetzt. Aber New York zu verlassen fällt sehr schwer. Und wenn man es dann doch tut… Ich vermisse die Stadt immer noch, und ich bin vor zwölf Jahren dort weggegangen.»

Es ist schon so: New York ist ein Projekt, ein Gedanke, eine Lebenshaltung, eine Philosophie. Und wenn sich die einmal im Kopf festgesetzt hat, dann…ja, dann gibt es kein Zurück mehr.


























Joseph O’Neill.
Niederland.
Rowohlt Verlag.
Aus dem Englischen
von Nikolaus Stingl.
Gebunden. 320 Seiten.
€ 19,90 / CHF 34,90

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