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das kulturelle überformat
Nr. 13 / 4. April 2008
#Interview mit Moby
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musik
Interview mit Moby

Ein Loft im obersten Stock eines renovierten Gebäudes an der Mott Street in Manhattan: ganz in weiss, hell, von der Sonne durchflutet. Das Bett erhöht auf einer Galerie, darunter ein Studio, vollgepackt mit allem, was ein Soundtüftler zum Überleben braucht. Keine Frage: hier steht man inmitten einer Wohnung nicht nur eines Singles, sondern eines klassischen Eigenbrötlers. An jeder Ecke ein MacBook, als müsste jeder Einfall des hier wohnenden Künstlers in Sekundenbruchteilen dingfest gemacht werden.

Wer Moby zuhause besucht, der wird mit der Welt eines Sonderlings genauso konfrontiert wie mit dem Palmares eines Superstars. Im Eingangsbereich durch den man sich in den Wohnraum begibt, hängen die erfolgreichen Kapitel in Gold und Platin an der Wand. Als müsste sich der zweifelnde Protagonist seines Erfolges permanent erinnern.

Moby ist seit seinem Millionenseller «Play» von 1999 und dessen Nachfolger und stilistischen Zwilling «18» von 2002 ein Mann, der sich mit dem eigenen Erfolg konfrontiert sieht. Mit «Hotel», seinem letzten Album, versuchte er der Nachfrage mit einem songorientierten Album zu entkommen.

Mit «Last Night», seinem neuen Album, hat er sich einer erneuten musikalischen Suche entzogen. Er besinnt sich auf seine Identität als New Yorker und als DJ, der die Clubszene seiner Heimatstadt bestens kennt. «Last Night» ist ein Hörfilm geworden. Eine Nacht im Big Apple, acht Stunden kondensiert auf 65 Minuten. Die Platte beginnt dort, wo man sich die ersten Drinks genehmigt, verläuft dann durch die diversen Tanzlokale, in denen Old-School-Hip-Hop, Disco, Rave, Soul und Electronica vorherrschen, bis sie gegen Ende verlangsamt Richtung Ambient driftet, dem Sonnenaufgang entgegen…


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Weshalb heisst Moby eigentlich Moby? Ganz einfach: seine Eltern nannten den Jungen, der am 11. September (!) 1965 in Harlem zur Welt kam, nach dem Buch «Moby Dick» von Herman Melville. Das wäre noch nichts Besonderes. Doch Moby heisst mit bürgerlichem Namen Richard Melville Hall. Die Kunst liegt also tief in der Familie verwurzelt. Herman Melville ist sein Ur-Ur-Ur-Grossonkel. Und da Melvilles Wal auch schon von Laurie Anderson als Sinnbild für den Koloss Manhattan angesehen wurde, lebt Moby als Jona im Bauch des Wals weiter, legt regelmässig in den Clubs in der Lower East Side Platten auf und vertont munter die Eindrücke seiner Heimatstadt auf Alben wie «Last Night».