Anzeige
das kulturelle überformat
Nr. 13 / 4. April 2008
#J.G. Ballard
  2/13
literatur
J.G. Ballard

In einem Buch, das nur so strotzt von prägnanten Bildern, ist keines prägnanter als das folgende: James Graham Ballard muss damals etwa vierzehn Jahre alt gewesen sein. Zusammen mit seiner Familie – Eltern, Schwester – lebt er in einem chaotischen japanischen Interniertenlager in Shanghai. Zum Mittagessen gibt es jeden Tag das Gleiche, nämlich eine Schale Reis-Congee. Darin wimmelt es von Maden. Eines Tages ordnet der Vater an, dass diese Maden künftig ebenfalls verspeist werden sollen, denn immerhin käme man auf diese Weise doch noch zu einem bisschen Eiweiss. J.G. stört das in keiner Weise. Es bereitet ihm sogar Vergnügen, die Maden mit dem Messer an den Tellerrand zu schieben und zu zählen. An den meisten Tagen habe er problemlos die Hundertermarke überschritten. Und dann hinein ins Maul mit dem wertvollen Protein. Ekel empfand Ballard dabei keinen. Hingegen verspürt er jetzt, da er diese Erinnerungen festhält, endlich Mitleid mit seinen Eltern, die vorher an einen so anderen Lifestyle gewöhnt gewesen seien: wie es denen gegraust haben müsse vor einer so bodenständigen Kost!

Nach einem abgebrochenen Medizinstudium in Cambridge (es rüstete ihn mit einer Fülle an anatomischen Metaphern aus), einem ebenfalls abgebrochenen Englisch-Studium in London sowie einer Vielzahl von unveröffentlichten schreiberischen Juvenalia, trat Ballard mit 23 Jahren der britischen Luftwaffe bei. Während der Verlegung in ein gottverlassenes Nest in Kanada fing er an, die vielen herumliegenden, amerikanischen Science- Fiction- Hefte zu lesen. In der wissenschafts- und fortschrittsgläubigen Euphorie der Nachkriegsjahre