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das kulturelle überformat
Nr. 13 / 4. April 2008
#Bill Buford
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literatur
Bill Buford

Ein Mensch ist in erster Linie ein Sack zum Essenreinstopfen; seine anderen Funktionen und Fähigkeiten sind vielleicht göttlicher, aber zeitlich kommen sie erst hinterher.
George Orwell, aus «Der Weg nach Wigan Pier» (1937)
Ein wunderbares Buch übers Kochen, übers Essen und über Italien. Vorausgesetzt man mag dies alles. Diese Obsession, in der es um die richtigen Zutaten geht. Und über die Eigenheiten der italienischen Küche, über den regionalen Zwist zwischen den Dörfern, wer denn nun die einzig richtige Bisteccha Fiorentina vorzuweisen hat. Und man muss natürlich auch alles lieben an den Figuren, die ihr Leben dem Genuss verschrieben haben. Merke: grosse Köche sind egomanische Gestalten, kompromisslose Berserker und wer von ihnen lernen will, der muss unten, sehr weit unten durch.
Bill Buford war eigentlich Gründer und Herausgeber der Literaturzeitschrift Granta, bevor er als Literaturchef zum renommiertesten unter den renommierten Wochenblättern, dem New Yorker wechselte. Daneben war Buford ein eingefleischter Hobbykoch. Aber das sind viele und er war nur einer unter ihnen. Bis er wieder mal eines seiner berühmten Abendessen für einige Freunde gab. Und weil einer dieser Freunde wiederum ein Freund von Mario Batali war, des damals trendigsten Kochs der US-Gastroszene, lud er diesen auch gleich mit ein.
Batali, ein Mann aus Seattle mit italienischen Wurzeln, gross, fleischig, mit rosa Haut und einem noch röteren Pferdeschwanz, fiel gleich mit der Tür ins Haus. Er hatte selbstgeräucherten Speck dabei, den er jedem Gast gleich selber in den Mund stopfte, eine Kiste Wein, selbstgebrannten Grappa und Olivenöl. «Was zum Himmel», meinte er bloss, als er Buford beim Kochen zusah. «Geh mal beiseite». Batali kochte und spielte morgens um vier immer noch in der Wohnung Luftgitarre zur Musik von Tom Waits.