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das kulturelle überformat
Nr. 12 / 6. März 2008
#Interview mit Nick Cave
  7/10
musik
Interview mit Nick Cave

meine grundsätzlichen Glaubenssätze nicht verändert, aber es hat sie auf jeden Fall herausgefordert.

Ich weiss nicht, wie konkret Sie sich politisch äussern wollen. Aber wir sprechen hier miteinander an jenem Tag, an dem gerade im Sudan eine britische Volkschullehrerin zu vierzig Peitschenhieben verurteilt wurde, weil sie ihre Schüler einen Teddybären Mohammed nennen liess. Religiöse Begriffe werden instrumentalisiert von den Gerichten...


...von Fanatikern.

...und Politikern.

Genau. Und wie ich sagte: Es ist sehr schwer, religiöse Metaphern zu verwenden, ohne diese Assoziationen im Hörer zu erwecken.

Da gibt es auch diesen Song «We Call Upon The Author To Explain», der oberflächlich das reflektiert, was Ihnen hier gerade passiert, wenn die Journalisten vor Ihnen sitzen und Ihre Worte erläutert haben wollen. Aber Sie sprechen hier offensichtlich auch über den Schöpfer.


Genau. Es ist eine lange ausgedehnte Beschwerde, von kleinen Dingen bis zu grossen Unglücken. Das ist eine Ausdrucksform, die man im Englischen als «screed» bezeichnet. Ich versuche dabei,

einen gewissen Humor zu bewahren, um nicht wie ein grummeliger alter Mann zu klingen.

In Ihrem eigenen Kommentar zu den Texten, der an Journalisten verschickt wurde, haben Sie angedeutet, dass die Nummer «Hold On To Yourself» unter anderem von Valerie Solanas und ihrem Manifest für eine männerlose Gesellschaft beeinflusst sei. Aber aus dem Song selbst geht das nicht ganz hervor: da ist bloss ein Mann, der eine Frau begehrt, die weit weg ist, aber es ist nicht klar, ob sie sein Interesse teilt.

Was an diesem Song interessant ist, abgesehen davon, dass es ein wunderschönes Lied ist, ist, dass ich darin versucht habe, mich in den Kopf oder vielmehr den Körper einer Frau hinein zu versetzen. Oje, das klingt jetzt wirklich schlecht... Aber ich wurde von einer weiblichen Journalistin interviewt, die meinte jedenfalls, dass ich das ganz gut hingekriegt hätte. Ich fühlte mich dadurch bestätigt. Es hat natürlich absolut nichts mit Valerie Solanas zu tun, auch wenn Solanas einen starken Einfluss auf dieses Album ausgeübt hat, so wie einige andere Leute, die mich beeinflusst haben. Marilyn Monroe gehört auch dazu. Weil ich über dieses unglaubliche Interview mit ihr gestolpert bin, das sie gab, kurz bevor sie starb (Richard Merryman, «Last Talk With A Lonely Girl: Marilyn Monroe», Life Magazine 1962, Anm. des Verf.). Es ist das Schönste, was ich je gelesen habe. Ich weiss nicht, ob Sie je das S.C.U.M. Manifesto von Valerie Solanas